Wien - Es ist ein Experiment, das kommende Woche von 14. bis 17. Juni an der Uni Wien stattfindet: Erstmals weltweit werden bei einem großen internationalen Kongress nicht nur Forscher, sondern auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung vortragen und gleichberechtigt teilnehmen. 800 Wissenschafter und Betroffene werden dazu erwartet.

Leitthema der von Universität Wien, Lebenshilfe und der "International Association for the Scientific Study of Intellectual and Development Disabilities" (IASSIDD) gestalteten Tagung ist "Wege zur Inklusion", also der Möglichkeit gesellschaftlicher Teilnahme auch für Menschen mit speziellen Bedürfnissen. Die sogenannten Selbstvertreter sollen dabei u.a. Erfahrungsberichte abliefern und Input für weitere Forschung liefern.

Leichte Sprache

Damit die Tagung nicht zu einem Neben-, sondern einem Miteinander von Wissenschaftern und Betroffenen wird, gibt es einen Inklusionstrack: Durch Vor- und Nachbesprechungen eines Teils der Vorträge in leichter Sprache etwa mit Keynote-Speakern wie Special-Olympics-Präsident Timothy Shriver sollen auch intellektuell beeinträchtigte Menschen eingebunden werden. Außerdem soll es Round Tables und einen 500 Seiten umfassenden Tagungsband in besonders leicht verständlichem Englisch und Deutsch, geben. Die vortragenden Forscher sind auch dazu angehalten, auf Nachfrage den Inhalt ihrer Referate in einfach zu erklären.

Die Idee hinter dem Setting: "So regen wir innovative Ideen für zielgruppenspezifische Forschungsansätze an, um nachhaltige Schritte bei der Weiterentwicklung einer inklusiven Gesellschaft zu setzen", wird Germain Weber, Dekan der Fakultät für Psychologie der Uni Wien und Präsident der Lebenshilfe, in einer Aussendung zitiert. Inhaltlich sollen auf der Konferenz jene Debatten geführt werden, die die internationale Forschungsgemeinschaft zum Thema "Intellektuelle Beeinträchtigung" derzeit am meisten beschäftigen und die auch in der UN-Behindertenrechtskonvention abgedeckt werden.

Sachwalterschaft wird diskutiert

So wird es darum gehen, wie der Übergang von großen Betreuungseinrichtungen zu kleineren Strukturen bis hin zur Einzelbetreuung mit Assistenz leistbar umgesetzt werden kann und welche speziellen Herausforderungen es bei der Betreuung intellektuell beeinträchtigter Menschen im Alter gibt. Thema ist auch der Ersatz von reiner Sachwalterschaft intellektuell Beeinträchtigter durch "unterstützte Entscheidungsfindung" und der Wandel von der Beschäftigung in Werkstätten zum ersten Arbeitsmarkt.

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Recht auf inklusive Bildung. Die 2008 von Österreich ratifizierte UN-Konvention sieht vor, dass Schüler mit speziellen Bedürfnissen nicht mehr separat etwa in Sonderschulen, sondern unter Berücksichtigung ihrer Situation im Regelschulwesen unterrichtet werden. Im Regierungsprogramm wurde bereits ein Ausbau von Integrationsklassen und die Weiterentwicklung inklusiver Bildung angekündigt. (APA, 11.7.2014)