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Außenminister Kurz denkt an Konsequenzen.

Foto: APA/Pfarrhofer

Jene Spionageaffäre, die seit Tagen die deutsch-amerikanischen Beziehungen schwer belastet, führt auch nach Wien. Der Spiegel berichtet, dass der vor zehn Tagen verhaftete Mitarbeiter des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) nicht von der US-Botschaft in Berlin, sondern von der US-Botschaft in Wien geführt worden sein soll.

Der 31-Jährige soll sich mit seinen Kontaktleuten mehrmals in Salzburg getroffen, ihnen Material - auch aus dem NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags - geliefert und dafür 25.000 Euro kassiert haben. Die US-Botschaft in Wien sei deshalb involviert, weil das Risiko entdeckt zu werden, geringer eingeschätzt worden sei als in Berlin.

Allerdings müssen die USA im Falle einer Enttarnung auch mit größeren Schwierigkeiten rechnen. Sollte es den deutschen Ermittlern gelingen, die Identität der US-Kontaktleute aus Wien zu klären, würden diese im Falle eines Strafverfahrens in Deutschland keine Immunität genießen.

Überraschung

Im österreichischen Außenministerium war man "naheliegenderweise sehr überrascht" - so ein Diplomat zum STANDARD - von der Nachricht, dass der Deutsche Order von der Wiener US-Botschaft bekommen haben soll. Man werde entsprechend reagieren, auch die Zitierung des Botschafters ins Außenministerium könnte eine Option sein. Die US-Botschaft sagte auf Anfrage bloß "no comment".

Außenminister Sebastian Kurz, der sich am Rande des Iran-Gipfels in Wien um ein bilaterales Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry bemühte, sagte am Sonntagabend vor Journalisten, es gebe "sehr viele Fragen, auf die wir uns Antworten erwarten".

Kerry und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier betonten am Sonntag in Wien einhellig, sie wollten sich dafür einsetzen, dass die Causa die Beziehungen nicht nachhaltig belaste. Kerry nannte die Deutschen "enge Freunde".

Laut Bild am Sonntag ist die Spionageaffäre mit der Enttarnung zweier mutmaßlicher Spione allerdings noch nicht erledigt. Es sollen sich in mehreren deutschen Ministerien weitere Agenten befinden.

Handys manipuliert

Das Blatt berichtet auch, dass derzeit jedoch wegen der aktuellen Entwicklungen keine Treffen zwischen den deutschen Spionen und CIA-Vertretern stattfänden. Die US-Dienste sollen zudem prüfen, ob sie ihre Agentenführer künftig über die Botschaften in Warschau und Prag agieren lassen könnten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel räumte ein, es sei "nicht ganz so einfach, die Amerikaner davon zu überzeugen, die Arbeit der Nachrichtendienste jetzt völlig umzukrempeln“.

Auch im Bundestag sind Handys möglicherweise nicht mehr sicher. Der mittlerweile aus dem Parlament ausgeschiedenen Linke-Abgeordnete Steffen Bockhahn berichtet, seine Mitarbeiterin habe, als er 2013 noch Abgeordneter war, Manipulationen an ihrem Handy bemerkt. Unbekannte hätten gezielt nach SMS und Mails mit Bezug zum Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) gesucht. Dieses ist für die Kontrolle der deutschen Geheimdienste zuständig; Bockhahn war bis zum Herbst 2013 Mitglied. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 14.7.2014)