Arbeiten von C. Hutzinger (li.) und H. Stazewski im Mumok.

Foto: Laurent Ziegler

Wien - Beim Zerteilen von Wohnhäusern ging Gordon Matta-Clark mit der Akribie eines Konditors vor, dem jede Schicht seiner Torte heilig ist. Der US-Konzeptkünstler verwendete die elektrische Handsäge. Für Splitting durchtrennte er, der seine "Anarchitekturen" auch mit sozialen Themen verband, ein Haus, das zum Abriss bestimmt war, exakt in der Mitte.

Einen anderen Ansatz, Räume zu zerteilen, verfolgte Dan Flavin. Ihm sei bewusst, dass man "einen gegebenen Raum durch sorgfältige, genaue Zusammenstellung der Beleuchtungskörper auseinanderreißen oder mit ihm spielen kann", erklärte der Minimalist. Die zersetzende Kraft einer 244 Zentimeter langen, im Raumeck installierten Neonröhre kann man derzeit im Mumok am eigenen Leib überprüfen.

Ob einem die architektonische Chirurgie Matta-Clarks oder die Lichtzauberei Flavins mehr zusagt, ist aber nur eine von vielen Fragen, die man sich in der Ausstellung Raum und Wirklichkeit stellen kann, mit der das Mumok über den Sommer Neuerwerbungen und Schenkungen präsentiert. Kurator Rainer Fuchs zeigt 23 Positionen, ein Schwerpunkt liegt dabei auf Raumerkundungen der 1960er- und 1970er-Jahre. Aber auch zeitgenössische Arbeiten, z. B. von Brigitte Kowanz oder Lois Weinberger, sind vertreten.

Imaginäre Räume treffen auf reale, öffentliche auf private, geografische auf architektonische, Texträume auf Bildräume. Manche engen ein, andere beschützen, bei den gezimmerten Pferdeboxen von Tom Burrs Installation Put Out liegt ein Witz darin, dass man es nicht genau weiß. Es wird aufgespannt und durchmessen, eingeschrieben und bereits Eingeschriebenes gelesen. Zwischen Videos, Installationen oder Zeichnungen wird klar, dass man als Mensch dem Raum ebenso wenig entkommt wie der Zeit.

Um mediale Räume geht es in Raumsehen und Raumhören von Valie Export. In den 1970ern betrieb sie Grundlagenforschung zur Übersetzung realer in filmische Räume. Sie wollte die Technik aus der Unsichtbarkeit holen. Judith Hopfs Türen (2007) setzt auf der Ebene der Montage an. Sie zeigt die Erschaffung eines kafkaesken Raums durch Filmschnitt. (Roman Gerold, Spezial, DER STANDARD, 18.7.2014)