Wien - Körpereigene und dem Haschischwirkstoff THC ähnliche Substanzen (Endocannabinoide) sind für die Funktion des neuronalen Netzwerks im Gehirn von Bedeutung. Ein Überangebot kann die embryonale Gehirnentwicklung behindern, so Wissenschafter vom Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien. Sie haben geklärt, welche Mechanismen der Ausbildung einer solchen Beeinträchtigung zugrunde liegen.

Laut einer Aussendung vom Donnerstag dreht sich die Angelegenheit um das Protein "Slit" und seinen Rezeptor "Robo" (Roundabout). Durch die Bindung an Robo-Rezeptoren können Slit-Proteine die Wegfindung von Nervenzellfortsätzen (den Axonen) regulieren, wodurch die Ausbildung von Schaltkreisen im embryonalen Gehirn gesteuert wird. Laut einer jetzt in "PlosOne" erschienen Studie können Endocannabinoide sowohl in Nervenzellen als auch in den Stützzellen von Nervenzellen (Oligodendrozyten) die Slit- und Robo-Konzentrationen über die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 regulieren.

System gerät durcheinander

Die Rolle von "Robo"-Rezeptoren in der Kontrolle der Entstehung des Zentralnervensystems in der Entwicklung von Organismen wurde erstmals im Jahr 2000 von Wissenschaftern am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) unter Barry Dickson entdeckt und damals in den Fachzeitschriften "Neuron" und "Cell" veröffentlicht.

Allerdings, gerät dieses System aufgrund erhöhter Endocannabinoid-Spiegel durcheinander, kommt es zu einer Art "Erregungssturm". "In diesem Fall werden sowohl Slit als auch Robo in größeren Mengen produziert, was zu Änderungen bei der axonalen Wegfindung führt", erklärte Erik Keimpema vom Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien (Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften). Ist das Endocabinnoid-System jedoch im Lot, tritt eine derartige Übererregung nicht auf.

Mechanismen im embryonalen Gehirn nachgewiesen

Nach Studien an Tiermodellen wurden solche Mechanismen auch im embryonalen Gehirn des Menschen nachgewiesen. Da erhöhte Endocannabinoid-Spiegel infolge von Adipositas und Insulinresistenz oder Infekten auftreten können, wäre eine zukünftige Bedeutung dieser Forschungsergebnisse für die Betreuung von Schwangeren möglich. (APA, 17.7.2014)