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Geldof kritisierte auch die Repressionen, denen Lesben und Schwule in Russland ausgesetzt sind.

Foto: epa/DAVID CROSLING

Melbourne - Der irische Rockmusiker Bob Geldof (62) hat das Kürzen von Entwicklungshilfebudgets in reichen Ländern gebrandmarkt. Der Kampf gegen die HIV- und Aids-Epidemie gehe einher mit dem Kampf gegen Armut, sagte Geldof am Donnerstag auf der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne. Er rief die reichen Länder auf, vor allem in Afrika stärker zu investieren.

Geldof hatte 1985 mit dem Live-Aid-Konzert auf eine schreckliche Hungersnot in Äthiopien aufmerksam. Er engagiert sich seitdem in der Armutsbekämpfung. "Wir können ein Ende von Aids erreichen. Es ist schändlich, wenn dies auf den letzten Metern nicht finanziert wird", sagte der vielfach ausgezeichnete Musiker ("I Don't Like Mondays").

Der Ex-Popstar bezeichnete den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande der Konferenz als "völlig hoffnungslosen" Fall. Die Zahl der HIV-Infektionen in Russland nehme zu, und das sei "ein weiterer von Putins größten Schandflecken".

Repressionen gegen Homosexuelle

Geldof verurteilte die restriktive russische Gesetzgebung und die Repressionen, denen sich Homosexuelle in Russland ausgesetzt sehen, als "mittelalterlichen Quatsch". Auch Nigeria und Uganda, wo Homosexuelle ebenfalls diskriminiert und verfolgt werden, kritisierte der 62-Jährige harsch: Schlechte Regierungen buhlten dort auf populistische Weise um Unterstützung in der Bevölkerung.

In den reichen Ländern sei Aids dagegen "vom Radar verschwunden", weil die Krankheit angesichts immer besserer Therapien nicht mehr als tödlich angesehen werde, sagte Geldof. "Wenn die Menschen in den USA, in Frankreich, in Deutschland und in Großbritannien stürben, versichere ich Ihnen, sie hätten massiven politischen Druck, um gegen die Missstände vorzugehen und massive, große Summen würden dafür bereitgestellt", beklagte Geldof, der dazu aufrief, die Regierungen "herauszufordern".

Zusammenhänge von Armut und Aids

Aids könne besiegt werden, da alle Werkzeuge dafür bereits vorhanden seien, sagte Geldof. Aids scheine inzwischen eine "handhabbare Krankheit" zu sein, aber es gebe nicht genug politischen Druck. Die erforderlichen Geldmittel, um "diese Sache endgültig zu beseitigen, um den letzten Teil des Weges zu gehen", müssten uneingeschränkt bereitgestellt werden, forderte Geldof, der auf der Konferenz für seine Kritik an den Zusammenhängen von Armut und Aids von den Delegierten viel Beifall erhalten hatte.

Laut einem von dem UN-Programm UNAIDS veröffentlichten Bericht gilt gleichgeschlechtlicher Sex in 79 Ländern der Erde als Verbrechen, in sieben Ländern wird er mit der Todesstrafe bedroht. Unter anderem haben Uganda und Nigeria ihre Gesetze verschärft, Indien ist zu einer Regelung aus seiner Kolonialzeit zurückgekehrt, während Russland seit einem Jahr sogenannte "homosexuelle Propaganda" verbietet. Für die 12.000 Teilnehmer der Konferenz liegt eine "Erklärung von Melbourne" zur Unterzeichnung vor, wonach Schwule, Lesben und Transsexuelle "Anspruch auf die gleichen Rechte und den gleichberechtigten Zugang zu Aids-Prävention, -Information und -Behandlung" haben. Die Konferenz endet am Freitag.

Neuinfektionen steigen in Osteuropa und Zentralasien an

Die politische Krise in der Ukraine droht deutliche Fortschritte im Kampf gegen HIV-Infektionen und Aids zunichtezumachen. Der Hauptgeldgeber, der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, habe die Mittel in Erwartung höherer Beiträge der Regierung für 2015 um 62 Prozent gestrichen. Doch das ist nicht der Fall. Laut Andriy Klepikow, Direktor der Organisation HIV/Aids-Allianz in der Ukraine, muss die Regierung angesichts der Krise ihre Mittel ebenfalls um 71 Prozent kürzen.

In der von Russland annektierten Halbinsel Krim sei die Lage besonders prekär, sagte Klepikow. Russland habe die Substitutionsprogramme gestoppt, mindestens 800 Menschen seien betroffen. Osteuropa und Zentralasien sind jene Regionen der Welt in der - neben dem Nahen Osten und Nordafrika - die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus steigt. (APA, derStandard.at, 24.7.2014)