Vierzehn Monate sozialliberale Koalition in Bulgarien waren ein Fiasko. Nicht so sehr für die verarmte Mehrheit im Land, die kleine Zuschüsse erhalten hat: mehr Geld für alleinerziehende Mütter, ein wenig Rabatt auf Stromrechnungen. Mehr Sozialpolitik ist nicht möglich in einem Land, wo wacker weiter die Anti-Kommunismus-Keule geschwungen wird.

Die von dem Finanzfachmann Plamen Orescharski geführte Regierung war weit mehr ein Debakel für die Wirtschaft und für die Institutionen im EU-Land - das gewählte Parlament, das vom Wahlverlierer immer wieder boykottiert und von der Straße ausgebuht wurde; die Koalition, die sich von den Rechtsextremen stützen ließ, ohne es zuzugeben, und die versuchte, einen Oligarchen und Medienmogul zum Geheimdienstchef zu machen.

Regierungsrücktritt und Neuwahlen im Oktober werden die seit Anfang 2013 dauernde Instabilität wohl nicht beenden. Bulgarien steckt in einer Systemkrise. Es bräuchte eine Neugründung seiner Demokratie. Die Liste der alten und neuen Hypotheken, die Orescharski hinterlässt, ist beachtlich: verschuldeter Energiesektor, South Stream, eine Bank mit Milliardenloch, der Oligarch Deljan Peewski und seine Hintermänner, eine ungenügende Wahlreform, zurückgehende Investitionen. Einen Lichtblick gibt es. Die Bürgerbewegung gegen Orescharski wird auch seine Nachfolger mit der Forderung nach mehr Transparenz jagen. (Markus Bernath, DER STANDARD, 25.7.2014)