Linz - Noch im Frühjahr hatten die Österreicher wenig von einer Steuerreform gehalten und auch nicht viel persönlich davon erwartet - doch die jüngste Market-Umfrage für den STANDARD zeigt ein deutliches Umdenken: 58 Prozent halten es nun für sehr dringend, dass der Staat die Einkommenssteuer senkt - und bei 52 Prozent fällt die Kampagne für eine Besteuerung großer Vermögen auf einen fruchtbaren Boden.

Im Zuge dieser Befragung wurden den mehr als 400 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten jeweils 23 Themen vorgelegt, die nach Schulnoten von eins bis fünf in ihrer Dringlichkeit bewertet werden sollten. Eine niedrigere Durchschnittsnote bedeutet also eine hohe Dringlichkeit, eine hohe Note bedeutet, dass man sich da ruhig Zeit lassen könnte.

Geringe Akzeptanz

Nach wie vor auf größte Ablehnung stößt eine Besteuerung von Erbschaften: Sie wird nur von jedem zehnten Befragten als sehr dringlich angesehen - wobei sich diese niedrige Einschätzung ziemlich gleichmäßig durch alle sozialen Gruppen zieht. Besonders starke Ablehnung ("gar nicht dringend") gibt es erwartungsgemäß bei bekennenden Anhängern von ÖVP und FPÖ - eine etwas über dem Durchschnitt liegende Akzeptanz bei Grün-Wählern.

Ähnlich schlechte Werte (Durchschnittsnote 3,36) hat der Vorschlag, eine Frauenquote in Aufsichtsräten und anderen Top-Jobs vorzusehen. Hier sind die befragten Frauen (Note: 3,05) zwar etwas eher zu gewinnen als die Männer (Note: 3,71), mehrheitsfähig ist das Anliegen aber noch lange nicht.

Dass es das Thema Einkommenssteuersenkung mit der Note 1,67 an die Spitze der Liste geschafft hat, führt Market-Institutsleiter David Pfarrhofer auf die Wirkung der Kampagne des ÖGB zurück: "Das ist ein Thema, das in den letzten Wochen sehr präsent war, da dürfte sich das Bild wohl nachhaltig ändern. Es gibt aber auch Themen, die in der politischen Diskussion derzeit wenig präsent sind und denen eher aufgrund persönlicher Betroffenheit hohe Priorität gegeben wird."

Dazu gehört etwa das Thema Pflege, das vor allem von Frauen besonders hoch gehängt wird - "möglicherweise weil die befragten Frauen fürchten, dass das sonst an ihnen hängenbleibt", schätzt Pfarrhofer.

Das Thema "billige Wohnungen" bekommt dagegen vor allem vom Jungwählern häufig die Note eins - was für einen niedrigen Notenschnitt sorgt.

Ältere sorgen sich um Kinder

Ähnlich ist es bei der Frage nach zusätzlicher Kinderbetreuung - hier sehen sich die mittlere Generation und die Altersgruppe über 50 (die für die mittlere Generation oft bei der Kinderbetreuung einspringen muss) offenbar besonders gefordert, während die Befragten unter 30 da wenig Sorgen äußern. Die Intensität der Forderung korreliert auch deutlich mit der Größe des Haushalts, in dem die befragte Person lebt.

Die Anhebung des Pensionsantrittsalters wird dagegen von Männern für deutlich wichtiger gehalten als von Frauen. Höher gebildete Befragte sowie Wähler von ÖVP, Neos und Grünen geben dem Thema auch überdurchschnittlich gute Noten. Weit hinten im Ranking: einheitliche Schulen für Zehn- bis 14-Jährige - sie sind vor allem Rot- und Grün-Wählern wichtig.

(Conrad Seidl, DER STANDARD, 28.7.2014)