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Spekulationsabsichten wurden den Eigentümern vonseiten der Punks vorgeworfen.

Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

Die Räumung der "Pizzeria Anarchia", eines Wohnhauses in Wien-Leopoldstadt, unter hohem Polizeieinsatz hat am Montag für erhebliches Aufsehen gesorgt. Den Eigentümern wurden seitens der Punks Spekulationsabsichten vorgeworfen. Beim Eigentümer, der Castella GmbH, fühlt man sich medial falsch präsentiert.

"Eine heftige Räumung", war es jedenfalls für Barbara Walzl-Sirk vom Mieterschutzverband Österreich. In kleineren Dimensionen begegnet ihr aber die Problematik oft im beruflichen Alltag: Vermieter wollen Altmieter mit günstigen Mietverträgen loswerden und greifen dabei auf recht kreative Methoden zurück. "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", so Walzl-Sirk.

Beweise sammeln

Sie erzählt von Vermietern, die die Heizung im Winter abdrehen, die Schlösser austauschen. Auch Fäkalien in den Briefkästen und tote Mäuse vor der Wohnungstür seien gängige Methoden. Viele Mieter geben angesichts solcher Schikanen auf. Oft sind laut Walzl-Sirk Menschen betroffen, die nur über beschränkte finanzielle Mittel verfügen.

Wer trotzdem im Haus bleibt, soll Beweise sammeln: "Alles, was mit dem Vermieter vereinbart wird, soll schriftlich festgehalten werden", rät man auch bei der Mieterhilfe. Wer Klage einbringen will, muss Beweise vorlegen können oder Zeugen haben. Der Rechtsweg kann aber ein langer sein: Eine Unterlassungsklage kann sich über mehrere Monate ziehen, so Walzl-Sirk.

"Permanentes Problem"

Es handle sich um ein "permanentes Problem", sagt die Mieterschützerin: Der Wohnraum in den Städten werde knapper, die Mieten klaffen oft in einem Haus aufgrund unterschiedlicher Mietzinsbildungen weit auseinander - ein Umstand, der die Motivation diverser Eigentümer steigere, die alteingesessenen Mieter zu schikanieren. Räumungen wie gestern würden auch in Zukunft immer wieder vorkommen, meint sie.

Die Besitzer des Hauses, denen insgesamt 16 Häuser in Wien gehören, stehen jedenfalls schon länger unter Beobachtung der Stadt. Im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) betont man aber, dass es den Tatbestand der Spekulation so nicht gebe, denn Spekulation per se sei ja nicht illegal und auch nicht automatisch verwerflich - wenn beispielsweise jemand ein leer stehendes Haus erwerbe, herrichte und teuer weiterverkaufe.

Auch eine Mieterabsiedlung zu Bedingungen, die für beide Seiten in Ordnung sind, sei erlaubt. "Problematisch wird es, wenn Wohnungsspekulation zulasten Dritter geht - also Druck ausgeübt wird oder Rechte nicht gewahrt werden", betonte ein Sprecher.

Bei der Castella GmbH ist man mit der Berichterstattung der Medien erwartungsgemäß nicht sehr glücklich: "Wir haben uns im Leben nicht erträumt, dass das solche Ausmaße annimmt", sagt der Eigentümer. Man habe versucht, sich mit den Besetzern zu einigen und sogar Ersatzobjekte angeboten um eine "friedliche Übernahme" zu erreichen.

Dass man sich die Punks ins Haus geholt habe, sei ein Fehler gewesen. Das Haus soll über die nächsten Wochen nun entrümpelt, dann generalsaniert werden. Eine Mieterin wohnt noch im Haus, die aber bleiben kann, wenn sie will, so der Eigentümer.

Kein großes Spekulationsproblem

Grundsätzlich ist das Spekulationsproblem in Wien inzwischen sehr überschaubar, versichert man im Büro Ludwig. KPÖ-Bezirksrat und Mieterschützer Josef Iraschko sieht das anders. Er war gestern bei der Räumung vor Ort und klagt über die "Nichtverhältnismäßigkeit" des Polizeieinsatzes: "Das war ein Manöver der Polizei."

Derartige Konflikte werden in Zukunft zunehmen, ist er überzeugt: "Die Mieten steigen - und irgendwann wird es einmal von den Leuten, die es sich nicht mehr leisten können, Widerstand geben gegen Delogierungen." (zof/APA, derStandard.at, 29.7.2014)