Foto: Screenshot

Ende Juni sorgte Facebook für Aufregung, als bekannt wurde, dass das soziale Netzwerk Experimente durchführte und bei rund 700.000 Nutzern den Newsfeed manipulierte. Nun gießt das vor allem in den USA beliebte Dating-Portal OkCupid Öl ins Feuer, wie die New York Times berichtet. Christian Rudder, einer der Gründer der Webseite, schreibt im Unternehmensblog "Wir experimentieren an menschlichen Wesen" und stellt drei der "interessantesten Experimente" vor, die unter Nutzern durchgeführt wurden.

Ein Bild zählt mehr als 1.000 Worte – und Worte fast nichts

In einem der Experimente untersuchte OkCupid die Bedeutung von Bildern und Texten in den Nutzerprofilen. Bei einer "kleinen Stichprobe" an Profilen wurde bei der Hälfte der Aufrufe der Profiltext ausgeblendet und Besuchern nur das Bild gezeigt. Die Bewertungen der Profile, die von anderen Nutzern vorgenommen werden, wurden von dieser Änderung jedoch nur wenig beeinflusst. Der Text mache weniger als 10 Prozent davon aus, was Leute von dir denken, so das Ergebnis des Experiments.

Die Macht des Algorithmus

In einem weiteren Experiment wurde die Macht des Übereinstimmungs-Algorithmus untersucht. Basierend auf der Kommunikation von zwei Nutzern errechnet OkCupid eine Wahrscheinlichkeit, wie gut die beiden zusammenpassen. Im Rahmen des Experiments wurden bei einigen Nutzern niedrige Werte (rund 30 Prozent) gegen hohe Werte von 90 Prozent ausgetauscht. Das Ergebnis: Die Personen verhielten sich tatsächlich so, als ob sie einen hohen Übereinstimmungsgrad hätten.

Zustimmung bei Bestätigung der Nutzungsbedingungen

Die Nutzer wurden erst nach Abschluss der Experimente über ihre Teilnahme informiert, die Zustimmung gab man bereits beim Bestätigen der Nutzungsbedingungen im Rahmen der Registrierung. Mikolaj Jan Piskorski, Professor am International Institute for Management Development in der Schweiz, erklärte, dass solche randomisierte Experimente, wie sie von Facebook oder OkCupid durchgeführt wurden, ethisch bedenklich seien.

Er vergleicht die Studien mit medizinischen Experimenten, in denen manche Teilnehmer unwissend ein Placebo verabreicht bekommen. "Sozialwissenschaften unterliegen zunehmend denselben Problemen", so Piskorski. Er empfiehlt Webseiten stattdessen, nur Beobachtungen durchzuführen. Diese seien zwar schwerer durchzuführen, würden dafür aber nicht den ethischen Problemen von randomisierten Experimenten unterliegen.

"So funktionieren Webseiten"

Die Aufregung rund um die von Facebook durchgeführten Experimente kann Rudder offenbar nicht nachvollziehen. Wenn man das Internet verwende, sei man jederzeit Versuchsperson von hunderten Experimenten auf jeder Seite, so Rudder. "So funktionieren Webseiten nun mal." Begründet werden die Experimente damit, den eigenen Service zu verbessern. (wen, derStandard.at, 29.07.2014)