Ljubljana - Slowenische Literatur ist für das nationale Selbstverständnis wichtig, insbesondere weil das Land klein ist. Deshalb versucht der slowenische Staat, die Sprache auch gezielt zu fördern. Vergangenes Jahr erschienen 6000 neue Bücher in slowenischer Sprache. 400 bis 500 Titel werden pro Jahr staatlich subventioniert, erzählt der Bibliothekswissenschafter Miha Kovac. Die Regierung hat etwa auch ein Internetportal finanziert, damit die Bürger jederzeit nachschauen können, welche Bücher auf Slowenisch erschienen sind.

Die Verlegerbranche ist aber in einer Krise. Vergangenes Jahr sank der Umsatz um 80 Millionen Euro. Kovac versucht zu beschwichtigen. Bereits 1997 habe der Buchmarkt 63 Mio. Euro verloren, und damals habe sich niemand aufgeregt. Er glaubt, dass der Markt sich gerade bereinigt und man wieder zur Normalität zurückkehre. Seit der Krise 2008 haben aber auch die Büchereien um ein Drittel weniger Bücher gekauft. Slowenien hat ein stark gefördertes Bibliothekswesen. In jedem Dorf kann man sich Bücher ausborgen. Deshalb ist es auch vergleichsweise normal, dass man sich keine kauft.

In dem Zeitraum, in dem im Durchschnitt pro Person zwölf Bücher ausgeborgt werden, wird nur eines gekauft. Doch das ist schon lange so. Anfang der 1970er- Jahre besaß die Hälfte der Slowenen kein Buch, heute liegt die Zahl bei 49,5 Prozent, wie Kovac erzählt. Schon zu Zeiten Jugoslawiens wurden die Bibliotheken staatlich stark gefördert. Und Slowenien hat dieses System beibehalten. "Nun haben wir sogar noch mehr öffentliche Bibliotheken als in den 1980er-Jahren", erzählt Kovac. Eine halbe Million Slowenen (das Land hat zwei Millionen Einwohner) hat einen Bibliotheksausweis. Die Verfügbarkeit von Büchern wird als ähnlich wichtig erachtet wie die Verfügbarkeit von sozialen Diensten.

Am liebsten lesen die Slowenen Romane (84 von 100 ausgeliehenen Büchern). Im Vergleich dazu lesen die Schotten am liebsten Krimis, erzählt Kovac. Allein in Ljubljana arbeiten 200 Leute in öffentlichen Bibliotheken. Bücher sind für die linguistische Identität sehr wichtig. 20.000 Bücher von slowenischen Autoren werden gratis an Schulkinder verteilt.

Um die Branche zu unterstützen, wird nun auch in Slowenien der Buchpreis fixiert. Kovac meint allerdings, dass sechs Monate zu wenig sind, um ein Ergebnis zu erreichen. "Erst bei neun bis zwölf Monaten hat das ernsthafte Auswirkungen." Eine Entwicklung ist in Slowenien unabsehbar: Der steigende Gebrauch des Englischen, nicht nur in der Wissenschaft. 1998 waren noch elf Prozent der in Slowenien verkauften Bücher in englischer Sprache, heuer sind es bereits 22 Prozent. Die Gruppe der Leute, die häufig Bücher kaufen, ist klein: 15 Prozent der Slowenen kaufen 70 bis 80 Prozent aller Bücher. Und von diesen 15 Prozent werden wiederum 68 Prozent der englischsprachigen Bücher gekauft. "Aber wir waren ja immer bilingual", erinnert Kovac an die jugoslawische Zeit und die Zeit innerhalb von Österreich-Ungarn.

Ein ernsthaftes Problem für das Slowenische sei aber, dass man mit den Übersetzungen nicht so schnell nachkomme. Der Roman Fifty Shades of Grey etwa sei sechs bis acht Monate nur auf Englisch erhältlich gewesen. Und als das Buch dann auf Slowenisch erschien, hatten es viele bereits gelesen. (awö, DER STANDARD, 2.8.2014)