Gut, dass die Hausćevapčići sich nicht mehr ausgingen: Um 19.30 war an dem Sonntag Schluss bei Zov Homolja. Und à la maison gefertigt, wollen die Faschierwürste noch a) ordentlich gepimpt sein mit Käse und Speck und b) tendenziell unterarmlang ausgerollt - schon damit diese Extras auch ordentlich was zum Anhalten haben. Dafür fehlte offenbar die Zeit.

Ich kenne ja bisher von der Schmeck's-Mission in Sachen Grillfleisch und Blasmusik nach Serbien nur Pleskavica Punjene, Schuhgröße 46 bis 48: quasi ein Fleischlaberl-Cordon und damit ein Verwandter des Hausćevaps in Ottakrings südostserbischer Gegend.

Unkorrekte Wildnis

Womit wir elegant zur angeblichen Wildnis kommen. Mein Titel ist ziemlich unkorrekt gegenüber den Menschen aus Homolje, wenn ich mir das richtig erklären ließ. Zov heißt Ruf, Homolje ist ein recht dünn besiedelter Landstrich in Ostserbien, südlich der Donau, mit viel und schöner Gegend. Weshalb man in anderen Ecken Serbiens wohl sehr unfreundlich von Wildnis spricht und Zov Homolja mit "Ruf der Wildnis" gleichsetzt.

So jedenfalls erklärt mir das die Balkanbeauftragte meines Vertrauens. Die mir das Lokal erst so vorstellte und nun eher skeptisch scheint, ob man das schreiben kann, ohne Zoff zu bekommen. Ich versuch's einmal - aber natürlich nicht ohne Hinweis auf die großen Zusammenhänge.

Kutteln säumten seinen Weg

Womit wir wieder elegant zurück beim Essen wären. Größe zählt hier. Zweifellos. Und weil ich das schon ahnte, aber dennoch zwei Gänge bestellte, kann man mich wildnistechnisch gleich doppelt übermütig heißen. Gut nur, dass das offenbar gewaltige Haus-Ćevap sich zeitlich nicht mehr ausging.

Aber eine der vier "Suppen" konnte ich nicht auslassen: Škembići u saftu sa lepinjom, freundlicherweise für Schwabos wie mich übersetzt als Kutteln in Sauce mit Brötchen. Wobei schon das Brötchen den Extremfall einer Verharmlosung darstellt - und Suppe auch eher in die Rubrik Understatement gehört:

Im Vordergrund die Kutteln, dahinter eines von zwei "Brötchen", dahinter die Balkanexpertin meines Vertrauens.
Foto: Harald Fidler

Dem Gekröse merkt man durchaus noch ein wenig an, woher es stammt und wozu es gut war, bevor es in ordentlich paprizierter und mehr als ordentlich heißer Sauce in den Tontopf und vor mir auf den Tisch kommt. Aber: Ich mag das durchaus, wenn der Geruch nicht über eine zarte Andeutung hinaus geht. Tut er nicht.

Die Kuttelsupp (pappsatt für 4,80 Euro) bekommt also in Betragen ein Befriedigend und geschmacklich ein Gut. Ich hingegen muss Punkteabzüge in Kauf nehmen - weil ich definitiv nicht aufessen kann, schließlich wartet schon der nächste Gang, eigentlich deren zwei:

Foto: Harald Fidler

Die Schüssel sieht aus dieser Perspektive viel, viel putziger aus, als in der Ottakringer Wirklichkeit.

Ćevapčići auf Schweinsleber

Das ist quasi ein Kombinationsgericht. Aus

  1. einer kleinen Portion Ćevapi - das sind hier sechs Stück (für 3,40 auch schon ziemlich satt). Die ernsteren Kubaturen sind auf einer eigenen Seite unter der Rubrik "große Portionen" angeführt - dazu zählen etwa zwölf "Ćevapčići" für 6,60 - oder eben
  2. Džigerica, also gegrillte Schweinsleber, unter Ćevapi, Zwiebeln und Paradeisern flächig verteilt.

Die Balkanbeauftragte fand die Ćevapi ein bisschen zu trocken (mir gar nicht) - sie scheint mir hier kulinargeografisch aber ein kleines bisschen voreingenommen.

Meine Leber, deine Leber

Dafür fand sie unter den vielen Stücken Schweinsleber das eine oder andere, das sie erfreute, weil gänzlich durchgebraten. Ich indes fand in der großen Auswahl angenehm rosige, die mir weit besser gefielen. Insgesamt: saftig, gar nicht trocken, wiewohl mit ordentlich Öl keine Kinderjause. Die Portionsgröße ohnehin nicht. Ich habe sie nicht bewältigt - hätte ich auch ohne Kutteln davor kaum.

Ein Kilo Grillfleisch: 12 Euro

Und wer hier noch Sorge hat, nicht satt zu werden, den oder die möchte ich noch auf die Spezialangebote ganz vorne in der Karte hinweisen: 100 (in Worten einhundert) Ćevapčići sind für 41 Euro zu haben. Und "1 Kg. Grill" gibt es in der Karte für 12 Euro. Stillt den wildesten Hunger. (Harald Fidler, derStandard.at, 11.8.2014)