Die Aussicht aus einer Wohnung genießen, die es noch gar nicht gibt: Der Immobilien-Showroom macht es möglich.

Foto: Hornyik

Im neuen Showroom von Durst-Bau in Wien-Simmering können vier Badezimmer-Ausstattungslinien besichtigt werden.

Foto: Durst-Bau

Die Aussicht ist beeindruckend: ein traumhafter Blick auf den Wiener Donaukanal, der von sattgrünen Bäumen gesäumt wird. "Dort drüben ist der Stephansdom", sagt Andreas Hornyik, Geschäftsführer eines Remax-Maklerbüros mit Sitz in Baden, und deutet in die Ferne. Auch die Kuppel der Karlskirche sieht man am blitzblauen Horizont.

300-Grad-Bildschirm

Die Immobilie mit einem solch fantastischen Ausblick gibt es allerdings noch gar nicht. Statt auf einem Balkon stehen Interessenten auf einem dunklen Teppichboden, und sie befinden sich auch nicht am Donaukanal, sondern im "Immomagine"-Showroom am Opernring im 1. Bezirk, wo das traumhafte Panorama von fünf Beamern auf einen 300-Grad-Bildschirm projiziert wird. Weltweit ist es der erste Showroom, in dem die Besichtigung von Bestandsimmobilien und Planungsobjekten im Maßstab 1:1 möglich ist, berichtet Hornyik stolz.

Er richtet sich mit seinem Angebot an Bauträger, Architekten und Makler, die den Raum seit Februar für Vorführungen mieten können: 150 Euro kostet die erste halbe Stunde, 75 jede weitere. "Die Leute können von einem Plan nicht auf 3-D schließen", ist Hornyik überzeugt. "Und nur zu Wohnungen, die man sieht, kann man eine persönliche Bindung aufbauen." Etwa wenn man sieht, wo man einmal frühstücken wird.

Die Technik hinter dem Showroom kommt vom Fraunhofer-Institut. Bisher sei diese aber noch nie im Immobilienbereich zum Einsatz gekommen, so Hornyik, sondern beispielsweise in der Automobilindustrie oder an Universitäten. Nicht nur Panoramafotos, auch Filme könnten hier gezeigt werden.

Besonders geeignet für die Fast-Rundum-Immobilienansicht hält der Makler Objekte, die "nicht 0815" sind, denn: "Ein schönes Bad und eine schöne Küche lassen sich sehr gut herzeigen."

Badezimmer zum Angreifen

Zumindest was das Bad betrifft, sieht das auch Hannes Horvath, Geschäftsführer des Wiener Bauträgers Durst-Bau, so. Er verfügt seit wenigen Wochen ebenfalls über einen Showroom, der aber in gänzlich anderer Form daherkommt: In einem Erdgeschoßlokal in der Modecenterstraße im 11. Bezirk können nämlich in erster Linie Nassräume besichtigt werden. Hannes Horvaths Begründung dafür: "Wie das Badezimmer aussehen wird, können sich Kunden meist am wenigsten vorstellen." Vier Ausstattungslinien namens "Vienna", "Siena", "Stockholm" und "New York" können hier nun in echt zumindest besichtigt werden (denn angeschlossen sind WC und Waschmuscheln nicht).

Doch es sind auch nicht ganz so altruistische Gründe, die das Unternehmen, das gleichzeitig Bauträger und Baufirma ist, zu dem Schritt bewogen haben. Horvaths Erfahrung nach kommt es nämlich meist ausgerechnet dann bei einer Baustelle zu "chaotischen Zuständen", wenn es eigentlich ohnehin schon stressig ist: kurz vor der Fertigstellung. "Kunden wollen plötzlich statt dem einen Ausstattungsdetail etwas anderes. Über diesen Sonderwunsch wird dann vielmals hin- und herkommuniziert, bis das Angebot mit einem entsprechenden Preisaufschlag zum Kunden kommt." Dieser wisse dann aber immer noch nicht, "ob die Fliesen mit dem Waschbecken zusammenpassen". Dieses Problem hätten alle Bauträger - und noch keiner habe eine sinnvolle Lösung gefunden, meint Horvath.

"Baustellenlogistik entlasten"

Der Showroom soll das nach eineinhalb Jahren Entwicklungs- zeit ändern. Ausschlaggebend war die Erkenntnis, dass es "im höherpreisigen Segment neben Lage und Preis künftig noch mehr auf Qualität ankommen wird."

Einen virtuellen Showroom wollte Horvath nicht, weil er den haptischen Eindruck für sehr wichtig hält. Sein Showroom müsse auch bis auf weiteres keinen Gewinn abwerfen. "Wir wollten einen neuen, innovativen Weg einschlagen. Das Ganze gleich mit Kostenneutralität zu belasten, wäre der falsche Weg." Ohnehin zahle sich der Showroom schon jetzt über Umwege aus: "Wir verdienen daran, dass die Logistik der Baustelle entlastet wird." Wenn der Kunde dreimal in den Showroom komme, sei das noch immer weniger Aufwand, als wenn er 17-mal umplanen lasse. Natürlich bekomme man im Einkauf einerseits auch bessere Preise, andererseits könne man "vom Kunden einen Aufschlag verlangen", räumt er ein.

Auch "Immomagine" wirft noch keinen Gewinn ab. Bisher läuft es "schleppend", sagt Hornyik, der sich mehr Nachfrage erwartet hat. Im Grunde scheint sein Showroom derzeit ein ähnliches Problem zu haben wie jenes, das er ursprünglich bekämpfen wollte: "Die Leute können ihn sich einfach nicht vorstellen." (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, DER STANDARD, 16.8.2014)