Grafik: DER STANDARD

Wien – Zwei Drittel der Österreicher halten die finanzielle Ausstattung der österreichischen Unis für eher nicht ausreichend oder gar für völlig unzureichend – wobei die jungen und hoch gebildeten Befragten in besonderem Maße über die Defizite an Österreichs Hohen Schulen klagen.

Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Umfrage im Auftrag der Universität für Bodenkultur (Boku), die das Linzer Market-Institut im Juni online bei mehr als 1000 Wahlberechtigten und zusätzlich bei 405 Meinungsführern (aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft) durchgeführt hat.

Studienautorin Angela Beutelmeyer: "Die Meinungsführer sind noch deutlicher der Meinung, dass Universitäten mehr Geld brauchen – da sagen uns 23 Prozent dass die Mittelausstattung unzureichend ist, weitere 59 Prozent sehen sie als ‚eher nicht ausreichend‘. Und die Zahl derer, die eine mehr als ausreichende Dotierung vermutet, liegt unter einem Prozent, also nicht einmal vier von über 400 Befragten."

Unis als Zukunftschance

Dabei sind sowohl Meinungsführer (88 Prozent) als auch die Bevölkerung (76 Prozent) mit überwältigender Mehrheit der Ansicht, dass Universitäten "für die Zukunftschancen unseres Landes sehr wichtig" sind.

Allerdings werden die einzelnen Unis in unterschiedlichem Maß für bedeutend gehalten. Meinungsforscherin Beutelmeyer: "Das hängt natürlich auch mit den Bekanntheiten der jeweiligen Hochschule zusammen – da wäre es nicht fair, alle in einen Topf zu werfen. Was man aber als generelle Beobachtung feststellen kann: Bei Universitäten mit klarem Profil wird in höherem Maß angenommen, dass sich ihre Bedeutung erhöht hat als bei solchen, die ein breites Angebot haben."

Anerkannte Spezialisten

Österreich sei in der Einschätzung seiner Bevölkerung (und ebenso jener der Opinion Leader) in hohem Maß ein Land der Techniker, Ökonomen und Mediziner – und weniger eines der Künstler. Beutelmeyer: "Den Österreichern ist vielleicht auch nicht so bewusst, was Kunstuniversitäten leisten und dass Künstler akademische Ausbildung erhalten."

Die Boku liege im Vergleich gut, wohl auch wegen ihrer Spezialisierung, sagt die Studienleiterin – und die Umfrage belegt, dass von Meinungsführern spontan Absolventen wie Franz Fischler, Erwin und Josef Pröll, Andrä Rupprechter und Nikolaus Berlakovich genannt werden.

Für Boku-Rektor Martin Gerzabek ist aber vor allem relevant, was an der aktuellen Arbeit der Boku wahrgenommen und geschätzt wird: Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Kombinationen dieser beiden Felder werden von den Meinungsführern am häufigsten, nämlich von 36 Prozent, genannt. An zweiter Stelle (23 Prozent) kommen Umweltforschung, Umweltschutz und Umwelttechnologie, an dritter Stelle (19 Prozent) Agrarwissenschaft, an vierter (18 Prozent) Biotechnologie und Biochemie und an fünfter (16 Prozent) die Lebensmitteltechnologie. In der Gesamtbevölkerung ist das Bild ähnlich, aber weniger deutlich ausgeprägt.

Und was ist zukunftsträchtig? Jeder zweite Opinion Leader nennt Umwelt- und Bioressourcenmanagement als besonders zukunftsträchtig, ein Drittel Lebensmittel- und Biotechnologie.

Gerzabek: "Da sieht man, dass die gesellschaftliche Kritik an Technologie überschätzt wird. Was mich allerdings erstaunt hat, ist dass nur wenige Prozent die Agrarwissenschaften nennen. Hier herrscht die Vorstellung, dass die Primärproduktion ‚eh läuft‘. Da ist uns nicht gelungen, die große Herausforderung der Ernährung der Menschheit als Kernkompetenz zu transportieren."

Gerade unter Aspekten des Klimawandels werde es enormer Forschungsanstrengungen bedürfen, nachhaltige, Ressourcen schonende Intensivierung der Landwirtschaft zu entwickeln. Insgesamt sehen 22 Prozent der Opinion Leader einen sehr großen und 58 Prozent einen großen Nutzen der Boku-Forschung für die Wirtschaft. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 18.8.2014)