Beschimpfungen können eine fristlose Entlassung nach sich ziehen.

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Grundsätzlich berechtigt eine grobe Ehrverletzung zu einer sofortigen fristlosen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Eine Ehrverletzung ist dann als erheblich bzw. grob anzusehen, wenn sie von solcher Art bzw. unter solchen Umständen begangen wurde, dass ein Mensch mit normalem Ehrgefühl darauf nicht anders als mit dem Abbruch der Beziehung reagieren kann. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Ehrverletzung aufgrund der Begleitumstände und insbesondere des Verhaltens des Gegenübers entschuldbar war.

Auf die Absicht des "Beleidigenden" kommt es darauf nicht unbedingt an, sondern darauf, ob die Äußerung objektiv geeignet ist, ehrverletzend zu wirken und auch beim betroffenen tatsächlich diese Wirkung gehabt hat. Es kommt hier daher auf den Gesamteindruck der Äußerung an, den diese auf einen unbefangenen Durchschnittsadressaten machen würde.

Wie so oft im Arbeitsrecht kommt es aber auch hier immer auf den Einzelfall an. Bei Beurteilung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung sind dabei auch die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, sein Bildungsgrad, die Art des Betriebes, das bisherige Verhalten und auch generell der Umgangston im Betrieb zu berücksichtigen.

Fristlos entlassen

Erst kürzlich musste sich das Oberlandesgericht Wien mit einem Disput zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschäftigen. Im Zuge eines von wechselseitigen Beschimpfungen und Unmutsäußerungen geprägten Streitgesprächs betreffend die Entlohnung des Arbeitnehmers teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, er könne "scheißen gehen". Dies quittierte der Arbeitnehmer damit, dass er dem Arbeitgeber mitteilte, dieser könne ihn "am Arsch lecken", woraufhin er fristlos entlassen wurde. Das Oberlandesgericht Wien kam zu dem Schluss, dass dieses Fehlverhalten aufgrund der Begleitumstände die fristlose Entlassung des Arbeitnehmers nicht rechtfertigt.

In anderen Fällen hingegen wurden beispielsweise die Schimpfwörter "Nobelhure", "Trampel" oder "deppert" als ausreichend für eine fristlose Entlassung beurteilt, selbst wenn im Betrieb ein derberer Umgangston herrschte. Auch die Bezeichnung des Geschäftsführers als "Schwein" oder die Äußerung eines Arbeiters gegenüber einem Vorgesetzten: "das geht dich nichts an, du kleine Krot", waren für den Obersten Gerichtshof ausreichend, um eine fristlose Entlassung zu rechtfertigen.

Beschimpfungen vom Chef

Auch der Arbeitnehmer ist berechtigt, sofern er von seinem Vorgesetzten auf grob ehrverletzende Art und Weise beschimpft wird, seinen sofortigen Austritt aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erklären. In diesem Fall, wenn dieser Austritt berechtigt erfolgt, wird das Beschäftigungsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet und der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Kündigungsentschädigung.

Aber nicht nur zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern zwischen Arbeitnehmern untereinander kann es zu Beschimpfungen und erheblichen Ehrverletzungen kommen. Auch die Beschimpfung von Kollegen berechtigt den Arbeitgeber, die fristlose Entlassung auszusprechen. Sofern Beschimpfungen wechselseitig erfolgen, kann das auch dazu führen, dass beide Kontrahenten fristlos entlassen werden.

Unter Kollegen

Sofern ein Arbeitnehmer von einem Kollegen beleidigt wird, darf er allerdings seine Arbeit nicht einfach niederlegen, sondern ist verpflichtet, seinen Vorgesetzten bzw. dem Dienstgeber dies zu melden. Der Dienstgeber muss aufgrund seiner Fürsorgepflicht in einem derartigen Fall entsprechend Abhilfe schaffen. Erst wenn sich der Dienstgeber weigert, den Mitarbeiter gegen entsprechende Angriffe von Kollegen zu schützen, berechtigt dies den Dienstnehmer zum sofortigen Austritt aus dem Dienstverhältnis.

Sofern ein Arbeitnehmer von Kollegen laufend beschimpft oder schikaniert - also gemobbt - wird, hat der Arbeitgeber ebenfalls unverzüglich für ausreichende Abhilfe zu sorgen. Wird dem Arbeitgeber dieses Mobbing gemeldet und verabsäumt er es, entsprechend zu reagieren, so kann es dazu führen, dass der Arbeitnehmer nicht nur einen berechtigten Austrittsgrund hat, sondern sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer dadurch auch schadenersatzpflichtig macht. (derStandard.at, 18.8.2014)