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Die Kaufhauskette Karstadt muss saniert werden, damit die Kasse für den neuen Eigentümer René Benko irgendwann klingeln kann. Laut dem Gewerkschafter Peukes muss Benko für Ruhe sorgen.

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Arno Peukes will rasch Pläne sehen.

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STANDARD: Haben Sie Signa-Chef René Benko schon kennengelernt?

Peukes: Nein, ich habe nur in der Presse über ihn gelesen. Aber ich hoffe natürlich, dass es − sobald das Kartellamt grünes Licht für die Karstadt-Übernahme gegeben hat − bald zum persönlichen Kontakt kommen wird.

STANDARD: Wie ist die Stimmung bei den 17.000 Karstadt-Mitarbeitern?

Peukes: Die Tarifauseinandersetzungen und die vielen Unsicherheiten in den vergangenen Jahren haben sie zermürbt. Daher ist es wichtig, dass Herr Benko und die Signa-Gruppe jetzt sehr rasch ein Zukunftskonzept für Karstadt vorlegen. Die Beschäftigten erwarten eine schnelle Zusicherung, dass sie sichere Arbeitsplätze und Standorte haben. Wir fordern außerdem die Rückkehr in die Tarifbindung für den Einzelhandel, die Karstadt 2013 aufgab.

STANDARD: Es geistert eine Streichungsliste durch die Medien. Angeblich sollen 20 Häuser in kleineren Städten dichtgemacht werden.

Peukes: Ich kenne auch nur die Gerüchte. Aber ich glaube nicht, dass es mit Schließungen so einfach getan ist. Räumungen und Schließungen eines Hauses kosten sehr viel Geld. Bei 20 Häusern käme man auf 200 bis 400 Millionen Euro. Das kann man auch investieren, um Karstadt attraktiver zu machen und um Arbeitsplätze zu sichern. Daher müssen wir zuallererst wissen, warum die Signa-Gruppe eingestiegen ist und was nun − in welchen zeitlichen Abläufen − geschehen soll.

STANDARD: Warum scheiterte Berggruen, der vor vier Jahren noch als Hoffnungsträger gefeiert wurde?

Peukes: Berggruen hat sich in ein Geschäft begeben, ohne zu schauen, was die Besonderheit von Warenhäusern und die Besonderheiten des deutschen Marktes sind.

STANDARD: Diesbezüglich hat auch Signa keine Erfahrung. Sehen Sie das mit Sorge?

Peukes: Mir ist es egal, ob der Eigentümer Erfahrung hat oder nicht − wenn er für ein gutes und erfahrenes Management sorgt.

STANDARD: Welche Besonderheiten des deutschen Marktes sollte Benko im Blick haben? Und was soll er anders machen als Berggruen?

Peukes: In den vergangenen Jahren wurde eine Strategie verfolgt, die sich nicht an der Stammkundschaft orientierte. Man hat versucht, neue Kundschaften zu gewinnen, aber das ging zulasten der alten. Im Vorjahr hat Karstadt beispielsweise bei der TV-Sendung "Fashion Hero" mitgemacht. Das ist vielleicht etwas für jüngere Konsumenten, aber nichts für ältere. Und solche Frequenzverluste im Einzelhandel holt man so schnell nicht mehr rein.

STANDARD: Sind jüngere Menschen nicht die Zukunft von Karstadt?

Peukes: Die Stammkundschaft eines deutschen Warenhauses sind nun mal ältere Menschen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist das ja auch ein gutes Geschäftsmodell. Aber wenn man die eigentlichen Menschen, die in den Laden kommen, nicht mehr im Auge hat, führt das dazu, dass man kein Geld verdient.

STANDARD: Was würden Sie noch ändern?

Peukes: Ein weiteres Problem ist die Zentralisierung. Warenhäuser können erfolgreich sein, wenn sie sich an den regionalen Besonderheiten orientieren. In Hamburg haben wir neun Karstadt-Häuser mit unterschiedlichen Anforderungen. Auf diese muss man besser eingehen.

STANDARD: Die Kaufhof-Warenhäuser, die zur Metro AG gehören, stehen nicht so schlecht da wie Karstadt. Woran liegt das?

Peukes: Googeln Sie mal Karstadt, und Sie finden hunderttausend Gerüchte. Und dann geben Sie "Galeria Kaufhof" ein. Da gibt es nichts dergleichen. Das ist schon ein Erfolgsrezept: Das Management von Kaufhof arbeitet an den Besonderheiten des deutschen Marktes, orientiert sich stärker an den Gegebenheiten der Kaufhäuser vor Ort − und es sorgt für Ruhe. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 20.8.2014)