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Große Operngefühle wollen in "La Cenerentola" raus aus der Verpackung: Rossinis Version der Aschenputtelstory verlegt die Regie im Haus für Mozart in die 1970er-Jahre.

Foto: APA/SALZBURGER FESTSPIELE/SILVIA LELLI

Salzburg - Dass Cecilia Bartoli Watschen einstecken und im Mozarthaus Böden schrubben muss, ist Folge eines segensreichen Intendantenwortbruchs. Bei Amtsantritt hatte Alexander Pereira bekundet, die Festspiele würden zwecks Exklusivität nur Premieren bieten, Wiederaufnahmen blieben tabu. Diese Cenerentola ist jedoch eine Schöpfung der Pfingstfestspiele. Und so biegen die diesjährigen - und Pereiras letzte - Festspiele mit einer Übernahme in ihr opernhaftes Finale.

Es gilt jedoch, Pereira - wie schon in den letzten Jahren - zum Prinzipienbruch zu gratulieren; die Regiearbeit von Damiano Michieletto hat ein zweites, sommerliches Leben verdient. Von jenem Ouvertürenaugenblick an, da er den Erzieher des Prinzen als Engel auf Erden plumpsen lässt, damit dieser (mit Amors Pfeilen aufgerüstet) für finales Eheglück sorgt, herrscht zwischen Musik und szenischer Idee leichtfüßiges Einverständnis.

Da wird ein trostloser Mensaraum zur Discolounge. Da wird selbige Lounge zum Aquarium, in dem die Figuren (durch Luftblasen geschützt) herumschweben. Michieletto zeigt, wie man Szenisches mit Filmmitteln von der Bühnenschwerkraft befreit und den bisweilen rasenden Duktus der Musik so noch befeuert.

Inkognito auf Suche

Charmant auch sein Konzept, die Aschenputtelstory ins Italien der 1970er zu verlegen. Angelinas handgreiflicher Stiefvater Don Magnifico (routiniert Enzo Capuano) erinnert ein bisschen an den reifen Vittorio De Sica. Kammerdiener Dandini, der in die Rolle des Prinzen schlüpft, ist eher ein junger, von Fans verfolgter Pavarotti (Nicola Alaimo findet letztlich zu schöner Kantilene). Und Prinz Ramiro selbst, der inkognito auf Brautsuche ist, kommt nicht als Knappe daher. Javier Camarena (ziemlich imposante, klare hohe Töne) ist ein Diskotyp, dessen T-Shirt das Antlitz von David Bowie ziert (aus der schminkfreudigen Ziggy-Stardust-Phase).

Das alles funktioniert exzellent, da Michieletto Figuren und Chor auch zu ausgelassener Glaubwürdigkeit animiert. Und selbst wenn er das Hauptgrüppchen des Stücks vom Engel/Erzieher Alidoro (profund Ugo Guagliardo) Christo-mäßig mit Plastik verhüllen lässt, ist das Ergebnis eine lebendige kollektive Sängerskulptur, deren witziger Teil auch Lynette Tapia (als Clorinda) und Hilary Summers (als Tisbe) sind.

Inmitten all dieser Fantasiewelt Cecilia Bartoli als Angelina: Sie spielt ihre Koloraturleichtigkeit aus und transformiert als versierte Darstellerin die flink abgefeuerten Tonleitern mitunter zu authentischem Gefühlausdruck. Das Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi war dem Ganzen ein akzentfreudiger, mit Farbpointen überraschender Partner. Nur bei der Koordination zwischen Bühne und Orchester blieben ein paar Wünsche offen. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 23./24.8.2014)