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Süßes und Saures gab es vor dem Münchner Strafgericht für Ex-BayernLB-Banker. Gegen den früheren Chef Werner Schmidt (re.) wird weiter prozessiert. Das Verfahren gegen Exvorstandsmitglied Michael Kemmer (2. v. li.) wurde dagegen eingestellt, er muss 20.000 Euro zahlen.

Foto: apa/Hoppe

München/Wien - Für vier angeklagte Ex-BayernLB-Manager in der Causa Hypo-Kauf war am Dienstag Schluss - und Aufatmen angesagt. Das Landgericht München hat das Strafverfahren gegen Michael Kemmer und drei Exkollegen eingestellt. Die Männer, denen unter anderem vorgeworfen wurde, die Hypo-Mehrheit zu teuer gekauft zu haben (1,6 Milliarden Euro), konnten das Gericht als Unschuldige verlassen, haben allerdings eine Geldauflage zu erfüllen. Kemmer muss bis 7. September 20.000 Euro an die Staatskasse überweisen, einer seiner Exkollegen 15.000 Euro und die beiden anderen je 5000 Euro.

Laut Gericht lässt sich der Verdacht der Untreue beim Hypo-Erwerb 2007 "nicht mit der erforderlichen Sicherheit" nachweisen. Und bei der angeklagten Bestechung des Kärntner Landeschefs Jörg Haider (Fußball-Stadionsponsoring) durch Kemmer und einen Kollegen könne "nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden", dass die beiden "von einer Bestechung Haiders Kenntnis erlangt haben".

Kemmer war nach der Entscheidung, die laut Strafprozessordnung voraussetzt, dass das "öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt werden kann" und "die Schwere der Schuld" dem nicht entgegensteht, erleichtert. Zwar habe sich die Übernahme der Hypo als "unternehmerische Fehlentscheidung" erwiesen, er selbst habe seine Pflichten im Vorstand aber "gewissenhaft erfüllt". Dass er trotzdem lieber zahlt, als auf den erhofften Freispruch zu setzen, erklärte er so: "Ich wäre noch viele Tage im Münchner Gerichtssaal gefesselt gewesen." Kemmer ist Chef des deutschen Bankenverbands, seit Prozessbeginn gab es rund 40 Verhandlungstage.

Schadenersatz gefordert

Mehr von selbigen wird es für den beim Kauf der Kärntner Landesbank 2007 amtierenden BayernLB-Chef Werner Schmidt und seinen Stellvertreter, Rudolf H., geben. Das Verfahren gegen sie wird fortgesetzt; für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Ganz unbehelligt von der Justiz sind Kemmer und andere Exvorstandsmitglieder aber nicht. Die BayernLB hat ihre Exchefs wegen des Hypo-Erwerbs auf 200 Millionen Euro Schadenersatz geklagt. Dieses Zivilverfahren läuft noch; Vorsatz wird den Betroffenen nach der strafrechtlichen Entlastung wohl nicht vorzuwerfen sein. Bei Fahrlässigkeit aber zahlt etwaige Schäden üblicherweise die Haftpflichtversicherung der Manager.

Die BayernLB ist die Hypo dann Ende 2009 wieder losgeworden; damals hat sie der österreichische Staat auffangen müssen. Mit welchen Geschäften die Hypo kurz davor beschäftigt war, erschließt sich aus dem Protokoll des Kreditausschusses vom 12. Oktober 2009; mit dabei war auch Ralph S., einer der nun in München entlasteten Ex-Bayern-Banker. Die Bank war damals offenbar auch im Kommunalkredit-Geschäft engagiert, finanzierte die lettische Hauptstadt Riga. Knapp 75 Millionen Euro (in vier Tranchen) schuldete Riga der Bank damals; die Letten zahlen zwischen vier und 5,3 Prozent Zinsen. Die Verträge laufen laut Protokoll bis Juni 2025 beziehungsweise 2027. Sicherheiten: keine.

Was den Bankern damals (der Staat Lettland war gerade abgestuft worden) zu schaffen machte: Das interne Rating des Kunden Riga hatte sich verschlechtert, mit der Folge, dass "die Konditionen des Kreditvertrags nicht mehr risikoadäquat sind". (Die Marge der Hypo lag bei rund 0,4 Prozent.)

Eine außerordentliche Kündigung war damals vertragsgemäß unmöglich, man steckte quasi bewegungsunfähig im Korsett alter Verträge. Den Grund erklärten die Banker so: Die Hypo hatte die Kreditverträge "aus Syndizierungen der Deutschen Bank übernommen; eine aktive Einflussnahme auf Details der Vertragsgestaltung war seinerzeit nicht möglich". Man habe "keine Anpassungsmöglichkeiten".

Da die Hypo-Banker die Forderungen gegen Riga aber auch nicht mit hohen Abschlägen auf dem Sekundärmarkt verkaufen wollten, bekamen sie den Auftrag von den Kontrolloren, "die weitere Entwicklung dieses Kreditengagements eng zu verfolgen".

Die staatliche Hypo hat nun auch wieder einen Risiko-Vorstand: Der Aufsichtsrat hat am Dienstag Rainer Jakubowski dazu gekürt. Das Gremium befasste sich auch mit der Halbjahresbilanz 2014. Gerechnet wird wieder mit einem hohen Verlust, in welcher Höhe, war bis Redaktionsschluss nicht bekannt. Der Versicherungskonzern VIG will wegen des Schuldenschnitts bei Anleihen der Hypo Alpe Adria eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen. (Renate Graber, DER STANDARD, 27.8.2014)