Auf dem Grill des Pho Cho Lon in der Zieglergasse landen Entenbrüste für den famosen Salat, Spieße, aber auch Fische im Ganzen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Kokosmilchig scharfe Cari Pho, eine mit viel Gemüse und Kräutern aufgefettete Curry-Reisnudelsuppe mit knusprig frittierter Ente.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Seit einigen Jahren ist in der vietnamesischen Restaurantszene Wiens eine ziemliche Qualitätsoffensive zu beobachten. Lokale wie Pho Sai Gon in der Hegelgasse, Viet Tao am Karlsplatz (derzeit in Umbau), Saigon Riverside am Donaukanal, Good Morning Vietnam in der Sechsschimmelgasse oder Nguyens Pho House in der Lerchenfelder Straße haben das Niveau in einer Art hochgeschraubt, dass sich etwa Berlin, wiewohl aus historischen Gründen mit starker vietnamesischer Community gesegnet, ziemlich anhalten kann.

Kleiner Vietnam Boom

Dass es in einer kulinarisch so konservativen Stadt wie Wien möglich war, eine hierorts kaum bekannte Ethno-Küche zu implementieren - und dass diese Restaurants regelmäßig ausgebucht sind - sollte auch anderen prospektiven Wirten mit "exotischem" Background Mut machen. Fast noch bemerkenswerter ist aber, dass der kleine Vietnam-Boom ziemlich exklusiv an zwei Familien festzumachen ist: Die Brüder Nguyen mit ihren Buden am Karlsplatz, Donaukanal und in der Lerchenfelder Straße einerseits, Familie Lam mit dem Pho Sai Gon und dem unlängst neu eröffneten Pho Cho Lon in der Zieglergasse andererseits.

Das Pho Cho Lon belebt seit ein paar Monaten den ersten Teil der Zieglergasse, nur wenige Schritte vom Shopper- und Baustellenchaos der Mariahilfer Straße. Es gibt einen Schanigarten, an dem sich schon allerhand Kletterrosen und andere Schlingpflanzen hochranken, innen herrscht wie meist beim Vietnamesen zweckgerichtete Schlichtheit. Einzig die Deckenlampen verströmen eine Idee fernöstlicher Exotik, wobei: In einem marokkanischen Restaurant würden sie auch nicht schlecht auffallen.

Cho Lon ist das Marktviertel Saigons, wo die alte Binh-Tay-Markthalle steht - dementsprechend fokussieren Bieu und Pan Lam ihre Küche auf Gerichte, wie man sie an den Marktstandln serviert bekommt. Unheimlich dichte, kokosmilchig scharfe Cari Pho etwa, eine mit viel Gemüse und Kräutern aufgefettete Curry-Reisnudelsuppe mit knusprig frittierter Ente - sehr gut (siehe Bild). Die klassische Reisnudelsuppe mit Rindfleisch hingegen wirkt geschmacklich blasser, als man das hierorts zu erwarten gelernt hat.

Büschelweise Minze

Salat aus gegrillter Ente mit roter Zwiebel und büschelweise frischer Minze macht's aber gleich wieder gut. Mangosalat wird aus reifer Mango geschnitten, das Resultat ist deutlich weniger knackig als sonst, dafür aber vom schwülen Aroma der Tropenfrucht erfüllt - konterkariert von einer großzügigen Ladung roher Zwiebel, die sich in diesem Fall aber recht ordinär in den Vordergrund drängt.

Richtig sensationell dafür der geschmorte Fisch im Tontopf mit dunkel schillernder, süßsalziger Sauce, die bei Tisch noch mit Basilikum, Sprossen, Chili und Zitrone aufgezwirbelt wird - will man probieren! Aber auch vergleichsweise mau klingende Positionen auf der Karte gelingen mehr als zufriedenstellend. Breite, bissfeste Reisbandnudeln etwa, die mit Rindfleisch und Koriander der wütenden Hitze des Woks ausgesetzt werden, auf dass sie wunderbar rauchigen, heißen Atem verpasst bekommen. Oder die süß-salzig-scharfwürzigen und fantastisch zarten Rindfleischspieße vom offenen Feuer, die in einem Spieß-Ranking wohl landesweit schwer zu schlagen wären. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 29.8.2014)