Gütersloh - Die Probleme der Fernsehgruppe RTL in Ungarn und Frankreich schlagen auf den Gewinn des Mutterkonzerns Bertelsmann durch. Nur weil Europas größtes Medienunternehmen mittlerweile mehr Firmenteile in seiner Bilanz führt, konnte es seinen Umsatz im ersten Halbjahr steigern und sein Betriebsergebnis auf gleicher Höhe halten.

Der Überschuss, den im Vorjahreszeitraum noch Sondereffekte in die Höhe getrieben hatten, brach nach Konzernangaben vom Freitag um knapp 40 Prozent auf 254 Mio. Euro ein. Auch wegen der Ukraine-Krise erwartet Bertelsmann im Gesamtjahr nun einen Gewinnrückgang statt einer Steigerung. "Die Anzahl der Risiken hat in den letzten Wochen und Monaten deutlich zugenommen", sagte Vorstandschef Thomas Rabe.

Werbesteuer in Ungarn

Ins Kontor schlug eine umstrittene Werbesteuer, die das Parlament in Budapest jüngst beschlossen hat. Die ungarische RTL-Tochter ist nun kaum mehr profitabel und verlor deshalb in den Büchern des Konzerns mehr als die Hälfte ihres Werts, wie der Fernsehkonzern bereits vor einer Woche mitgeteilt hatte. Die überwiegend werbefinanzierte RTL-Gruppe, normalerweise die Ertragsperle von Bertelsmann, brockte dem Konzern deswegen eine Abschreibung von 88 Mio. Euro auf die verhältnismäßig kleine Landesgesellschaft ein. Die Steuer von bis zu 40 Prozent auf Werbeeinnahmen wird von Unternehmen und europäischen Politikern als Beschränkung der Medienfreiheit kritisiert. Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hat die Abgabe als Beitrag zur Haushaltssanierung verteidigt.

EU-Kommission alarmiert

Bertelsmann gab den RTL-Chefs Guillaume de Posch und Anke Schäferkordt Rückendeckung für ihre Kampfansage gegen die Steuer: "Sie ist aus unserer Sicht nicht mit den Grundwerten eines freiheitlichen Europa vereinbar", sagte Rabe. "Die RTL Group wird sich deshalb mit allen legitimen Mitteln gegen die neue Werbesteuer wehren. Und Bertelsmann wird die RTL Group dabei umfassend unterstützen." Nachdem RTL bereits die EU-Kommission eingeschaltet hatte, brachte Rabe nun auch den Europäischen Gerichtshof und verstärkte Lobbyarbeit ins Spiel. "Es ist jetzt Sache der EU-Kommission, sich eine Meinung zu bilden", sagte Rabe.

Sorgen wegen Frankreichs Wirtschaft

Die Konjunkturschwäche in Frankreich macht sowohl RTL auch dem kriselnden Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr zu schaffen. Weil die Franzosen weniger Geld für Werbung und Medien ausgaben, brachten die Geschäfte dort 33 Mio. Euro weniger Betriebsgewinn ein als ein Jahr zuvor. Frankreich ist für Bertelsmann der drittgrößte Markt nach Deutschland und den USA, die sich beide ebenfalls nicht so stark entwickeln wie von Bertelsmann erhofft. "Konjunkturell erwarten wir in unseren Kernmärkten bis Jahresende eine nur leichte Belebung", sagte Rabe. Sorgen machten ihm die Verunsicherung von Verbrauchern und Firmen angesichts der Konflikte um Russland und die Ukraine. In der Region selbst sei Bertelsmann kaum tätig.

Penguin Random House und BMG

Unter den zahlreichen Sparten des Familienkonzerns wiesen lediglich der weltgrößte Buchverlag Penguin Random House und der Musikrechteanbieter BMG deutliche Gewinnzuwächse aus. Beide machen Rabe zwar auch operativ Freude - doch ein großer Teil der Steigerungen beruht lediglich darauf, dass beide Töchter im Vorjahreszeitraum noch nicht voll in der Bertelsmann-Bilanz standen: Die Deutschen hatten ihren angestammten Buchverlag Random House erst zur Jahresmitte 2013 mit dem Penguin-Verlag des britischen Medienkonzerns Pearson zusammengelegt. Die Briten wurden Juniorpartner in dem Gemeinschaftsunternehmen. Bei BMG übernahm Bertelsmann im März 2013 die Anteile des früheren Miteigners KKR.

Der Konzernumsatz, der im Halbjahr vor allem durch die Einbeziehung von Penguin und der BMG-Anteile um sieben Prozent auf 7,8 Mrd. Euro zulegte, soll im Gesamtjahr deutlich steigen. Weil Bertelsmann Beteiligungen verkaufte, wollte Rabe das im März ausgegebene Umsatzziel von mehr als 17 Mrd. Euro allerdings nicht wiederholen. Im vergangenen Jahr waren es 16,4 Mrd. Euro gewesen. Der Betriebsgewinn, der im Halbjahr bei einer Mrd. Euro stagnierte, werde auch im Gesamtjahr nicht steigen. Der Überschuss werde nun leicht unter dem Vorjahreswert von 870 Mio. Euro liegen. Bisher hatte Rabe einen Anstieg des Nettogewinns in Aussicht gestellt. (APA/Reuters, 29.8.2014)