Nicht "Atemlos" wie die ukrainische Fischerin, nicht "Breathless" wie Valérie Kaprisky und der göttliche Richard Gere im US-Remake: "Außer Atem" gerieten Freibeuter Jean-Paul Belmondo und Stilikone Jean Seberg im gleichnamigen Nouvelle Vague-Klassiker.

Aufschlagseite aus der Biografie über Jean Seberg. Foto: Lukas Friesenbichler

Ihr Leben war kurz und intensiv. Ihr Ende tragisch wie viele der Rollen, die sie in ihren Filmen verkörpert hat. Die Umstände ihres Todes liegen noch immer im Dunkeln, wie damals, als Jean Seberg (1938-1979) leblos in ihrem Auto in Paris aufgefunden wurde. Ein Abschiedsbrief wies auf einen Suizid hin, Ehemann Nr. 3 Romain Gary ging aber stets von einem Mord durch einen Geheimdienst aus. Wegen ihres Engagements für die Bürgerrechtsbewegung, für Freiheit, für Gleichheit, Unabhängigkeit, vor allem auch wegen ihrer Unterstützung der Black Panther war sie ins Visier von CIA und FBI geraten und war so beruflich und psychisch unter Druck geraten.

Aus Anlass des Todestages, der sich am 30. August zum 35. Mal jährt, erscheint eine opulente Biografie mit privaten Fotos, Dokumenten, Briefen, Gedichten, allerlei Memorabilien. Angeordnet sind die Versatzstücke im Stil eines privaten Albums.

Erstmals in Erscheinung trat die aus Iowa Stammende 17-jährig als heilige Johanna in Otto Premingers gleichnamigem epischem Historiendrama. Ihre androgyne Aura bewegte auch David Niven in der Sagan-Verfilmung Bonjour Tristesse, Warren Beatty in Lilith. Als Muse von Jean-Luc Godard wurde sie in Außer Atem zur Ikone einer ganzen Generation selbstbewusster, emanzipierter Frauen. An der Seite Jean-Paul Belmondos traf sie den Nerv eines avantgardistischen Nonkonformismus. In einer Ära des Aufbruchs drehte sie mit de Broca, Peter Fonda, Gainsbourg, Chabrol, Truffaut et alii. Wie keine andere personifizierte sie die Nouvelle Vague.

Posthum wurde ihre Vita, als Die Liebe einer Frau, mit Romy Schneider verfilmt. Carlos Fuentes setzte einer Affäre mit ihr ein literarisches Denkmal. Das neue liebevoll gestaltete Buch ruft eine Große der Kinematografie in Erinnerung - sehr zu Recht, wie man feststellt. (Gregor Auenhammer, Album, DER STANDARD, 30.8.2014)