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Der 44-jährige Barisic mag kein Pech.

Foto: APA/ Pfarrhofer

Wien - Der 35-jährige Markus Heikkinen sah überhaupt nicht wie ein Sieger aus. Wobei der Finne schon Wert auf die Feststellung legte, "dass ich Profi bei HJK Helsinki bin und mich freue. Für den finnischen Fußball ist die Gruppenphase ein Wahnsinn, das kommt ungefähr alle 20 Jahre vor. Andererseits bin ich traurig für Rapid. Ich weiß, wie weh das tut."

Im Mai 2013 wurde er nach sechs "wunderbaren Jahren" aus Hütteldorf verabschiedet, Heikkinen hatte mit seiner Karriere abgeschlossen. "Ich habe nicht geglaubt, dass ich einen Klub finde. Jetzt spiele ich auf meine alten Tage in der Gruppenphase. Das Leben bietet Überraschungen."

Rapid hat indes gelernt, ein sympathischer Verlierer zu sein. Der Verein ist, wenn man so will oder auch nicht will, der Europa-League-Sieger der Herzen. Helsinki ist tatsächlich dazwischengekommen. Das 3:3 ergab in der Addition eine 4:5-Niederlage, die Kapitän Steffen Hofmann "nie verstehen wird".

Trost aus Finnland

Die speziell in Finnland äußerst populäre Online-Zeitung Uusisuomi spendete Trost: "Es war toll zu sehen, dass die Rapidfans ihr Team auch in der Niederlage unterstützen. Das war eine Demonstration jener hohen Fußballkultur, die wir schon vor einer Woche in Helsinki gesehen habe. Eine Delikatesse."

Die Situation bei Rapid ist allerdings nicht gerade schmackhaft. Von neun Pflichtspielen in dieser Saison wurden zwei gewonnen. In der Liga 1:0 gegen Ried, im Cup 1:0 in Amstetten. Nach Verlängerung. Trainer Zoran Barisic ist verdammt, solche oder ähnliche Sätze zu wiederholen: "Ergebnisse und Leistungen passen nicht zusammen. Wir müssen es schaffen, dass die Faktoren Glück und Pech ausgeschaltet werden." Was er nicht mehr sagen möchte, ist: "Wir hatten Pech." Helsinki erzielte alle drei Tore aus Standardsituationen, sogar Heikkinen wirkte danach irritiert. "Normal sind wir nicht effizient, gegen Rapid war jeder Schuss ein Treffer."

Rapid ist klamm, der Neubau des Stadions in Hütteldorf genießt absolute Priorität. Barisic weiß das, die Mannschaft ist folglich und zwangsläufig auch eine Art Zukunftsprojekt. Stützen mussten abgegeben werden. "Der Weg ist steinig, wir gehen ihn gemeinsam." Die Jugend wird forciert, die Amateure sind der Lieferant. Irgendwann, nämlich jetzt, herrscht dort ein Engpass, die zweite Mannschaft grundelt am Ende der Regionalliga. Abgesehen davon ist das heutige Fußballtalent nicht gewillt, einen langfristigen Vertrag abzuschließen. Das Geld liegt ganz woanders.

Fehlende Einnahmen

Die Europa League hätte rund zwei Millionen Euro an Einnahmen gebracht. Die fehlen, obwohl sie nie da waren. Barisic: "Es schmerzt, denn die internationale Erfahrung wäre wichtig für den Lernprozess gewesen." Der Vertrag mit Supertalent Louis Schaub konnte ja nach zähen Verhandlungen verlängert werden, er beinhaltet eine Ausstiegsklausel. Der Verdacht, dass der 19-Jährige spätestens im Sommer abhandenkommt, liegt nahe. Rapid stellt keinen Nationalteamkicker, allerdings verstärken gleich fünf Akteure die österreichische U21-Auswahl. Barisic sitzt fest im Sattel. "Ich nehme alle Schuld auf mich. Die Mannschaft ist intakt, sie lebt, ist gut, hält zusammen: Ich werde sie immer wieder aufrichten." Spordirektor Andreas Müller stimmt dem zu: "Wir werden aufstehen."

Wobei die Perspektiven nicht gerade rosig sind. Ein Spiel gegen Wiener Neustadt Ende November, da kann der Schnee schon treiben, wird das Happel-Stadion leeren. Jede Fankultur hat Grenzen. Barisic, gefragt, wann denn die Zukunft beginnt? "Am liebsten wäre mir in der Gegenwart." Am Sonntag kommt Grödig auf Besuch. (Christian Hackl, DER STANDARD, 30.8.2014)