Seit Jahrzehnten wird das automatisierte und vernetzte Zuhause prophezeit. Nach langem Stillstand will die Elektrobranche nun auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin endgültig den Durchbruch schaffen. Immer leistungsfähigere Prozessoren beschleunigen die Kommunikation der einzelnen Geräte untereinander und bieten Kunden zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten. So bemächtigt sich die Welt des Internets der klassischen Unterhaltungselektronik und der Hausgeräteindustrie. Daher mühen sich sowohl die Hersteller von Fernsehern als auch von Waschmaschinen, ihre Geräte möglichst vernetzbar zu machen und mit diesem Argument den Absatz anzukurbeln. Connectivity und Smarthome sind daher eines der Topthemen der diesjährigen Messe, die am kommenden Freitag für fünf Tage ihre Pforten öffnet.

Dabei ist die Entwicklung nicht ganz neu. Seit Jahren kooperieren etwa Miele und der Elektronikspezialist Busch+Jaeger und bieten den Kunden eine zentrale Steuerung der Haustechnik an. Damit lässt sich fernab der Küche anzeigen, wie lange der Auflauf im Ofen noch braucht. Auch Heizung oder Licht lassen sich über eine App problemlos von unterwegs steuern. Doch der ganz große Durchbruch steht bisher aus. Seit der Markteinführung 2004 hat Miele eine sechsstellige Anzahl von vernetzbaren Geräten verkauft. Am Gesamtabsatz der Traditionsfirma machen sie damit allerdings deutlich weniger als ein Zehntel aus. Ein gutes Dutzend verschiedener Gerätegattungen führen die Gütersloher als vernetzbar auf, vom Backofen über den Geschirrspüler bis hin zum Wäschetrockner. Wer will, kann seine Waschmaschine via Handy vom Arbeitsplatz aus starten. Es gibt auch ausgebufftere Techniken. Geräte wie Wäschetrockner oder Spülmaschine starten abhängig von der Wetterprognose, wenn die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Kunden ausreichend Strom liefert.

Probleme für TV-Hersteller

Die Hersteller der sogenannten weißen Ware kommen dabei mit dem Siegeszug der Internettechnik wirtschaftlich besser zurecht als die Kollegen von der braunen Ware, die klassische Unterhaltungselektronik wie Fernseher bauen. Zwar sind vier Fünftel aller TV-Geräte nach Angaben des IT-Verbands Bitkom bereits heute mit dem Internet vernetzbar. Allerdings schlug der Markterfolg von Smartphones und Tablet-Computern der Branche mächtig ins Kontor. Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr Tablet-PCs in Deutschland verkauft als Fernseher. Der Absatz von Flimmerkisten sackt zwischen 2012 und 2014 von 9,5 Millionen auf 7,9 Millionen ab. Ohne Fußball-Weltmeisterschaft hätte sich der Trend wohl noch beschleunigt. "Die Konsumenten verlagern ihre Ausgaben von der klassischen Unterhaltungselektronik in den Smartphone- und Tablet-Bereich", erklärt Bitkom-Vorstand Christian Illek. Grund zur Sorge für die herkömmliche Unterhaltungselektronik sieht er nicht. Während der Absatz vor allem von Tablets weiter wachsen werde, werde das Geschäft mit Fernsehern und Co sich immerhin stabilisieren.

Nach dem Tablet-Boom macht die Branche bereits den nächsten Trend aus. Neue Zuwächse soll der Elektronikbranche Computertechnik für Handgelenk und Nasenrücken bringen. IT-Armbanduhren und Datenbrillen weckten langsam das Interesse der Verbraucher, sagte Illek. "Diese Wearables könnten das nächste große Ding werden", prophezeite er. Auch der Schweizer Uhrenriese Swatch will eine eigene Smartwatch entwickeln, wie Firmenchef Nick Hayek Reuters sagte.

Wohin die Technologiereise gehen soll, illustriert der koreanische Elektronikriese Samsung, der vom Smartphone über LED-Lampen bis hin zum Kühlschrank alle Produkte im Programm hat. "Leute können die Klimaanlage, den Staubsaugerroboter und ihre Smart-LEDs jederzeit von überall starten, über unser S Voice Spracherkennungssystem, das sowohl in der Gear-Armbanduhr als auch in den Galaxy-Smartphones integriert ist", teilt der Konzern mit. "Das Samsung Smart Home wird sich kontinuierlich erweitern durch die Entwicklung neuer Dienste, um die Kunden ihr Leben in wirklich smarter Weise genießen zu lassen", wirbt Samsung-Manager Wonpyo Hong. Zusammen mit dem Chipkonzern Intel treiben die Asiaten die Entwicklung eines gemeinsamen Schnittstellenstandards voran, um möglichst viele Geräte und Dienste verschiedener Hersteller miteinander verbinden zu können. "Wir sehen, dass die Grenzen zwischen brauner Ware und weißer Ware verschwimmen", sagt Bitkom-Spartenleiter Timm Hoffmann. (reuters, 1.9. 2014)