Es liegt schon auch an mir: Wer geht schon essen auf ein Badeschiff, wenn's regnet? Und: Warum kann ich nicht vergessen, wie gut es auf diesem Badeschiff sein konnte, wenn Christian Petz dort kochte?

Am Regen lag's jedenfalls, dass das Cordon Bleu von Kutteln zwar auf der Karte stand, aber nicht verfügbar war. Das liegt daran, dass das Kalbsfrottee-Konstrukt am Grill bereitet würde, und der bleibt bei Niederschlag halt kalt (und nass). So erfuhr ich bei meinem zweiten Besuch am Montag vom einzigen noch tapfer die Stellung haltenden Kellner.

Zweiter Versuch

Ein zweites Mal war ich da, weil ich nach dem ersten vor ein paar Wochen nicht glauben mochte, dass das Badeschiff so enttäuschen kann. Wo doch zuletzt der von mir außerordentlich geschätzte Sandro Balogh (einst Vikerls Lokal nach Bittermann) vor ein paar Monaten als Küchenneuzugang verkündet wurde. Ich hab ihn nicht gesichtet.

Besuch 1 im Juli: Die Karte klein und - aus meiner Sicht - eher beliebig-fad. Kuttel-Cordon aus, auch viele Weine auf der Karte nicht verfügbar, ein - ich meine das eher mitfühlend - etwas überforderter einsamer Kellner.

Foto: Harald Fidler

Ich nehme die kalte Gurkensuppe, schon für sich sehr sättigend (für alle, die fürchten, bei Schmecks nicht satt zu werden). Schon okay, sag ich.

Bessere Wahl gegenüber: Beef Tatare. Noch immer sehr okay, sagt meine kulinarisch weit kundigere Mitesserin.

Foto: Harald Fidler

Sie wählt den schmucken Wels im Backteig - auch der absolut gut, wiewohl nicht gerade aufregend. Ihre Pommes offenbar handgeschnitzt und sehr in Ordnung.

Foto: Harald Fidler

Ich indes in meiner Ratlosigkeit mangels Kuttel zum Anhalten: "Tito-Burger". Warum Tito erschloss sich mir Universaldilettanten nicht ganz, am ehesten der Käse, tippe ich. Bun ziemlich labbrig, Gesamtwerk ziemlich kalt halt - aber was will man, wenn es an Servierkräften mangelt und wir uns just aufs Oberdeck setzen müssen.

Zweiter Anlauf ohne Kutteln

Ein zweiter Versuch muss sein, bevor ich mich über das Badeschiff beklage. Diesen Montag. Schon wieder Regen. Schon wieder keine Kutteln also, die noch immer auf der Karte stehen. Kein Sandro Balogh, soweit ich sehen konnte - wenn er nicht immer jünger wird. Ich möchte betonen: Der junge Mann in der Küche macht seinen Job schon gut.

Foto: Harald Fidler

Also ein Dreigang-Menü für 28. Die als superscharf angekündigte Hühner-Roulade lass' ich aus. Also die Artischocken-Paradeisersuppe - die Distelgewächse angebraten, der Paradeiser mit Maisgries. Insgesamt durchaus gelungen und sehr, sehr sättigend, nur die Löcher im dekorativen Blattwerk oben schienen mir nicht so dekorativ.

Dry aged Beefsteak und geschmorte Kalbsschulter gingen jetzt, ich entscheide mich für die Reinankenfilets mit "Erdäpfel-Pilsner-Ragout", Kernöl, Röstzwiebel und Butter.

Foto: Harald Fidler

Ich weiß ja nicht, ob man Reinankenfilets schön glasig hinkriegt, die waren's jedenfalls eher nicht, aber gut durch stört mich da auch nicht so. Das Ragout köchelte schon recht lang, auch nicht unbedingt grundfalsch. Ich fand auch den Gang okay, Hymnen aber kann ich keine singen.

Das gelingt mir bei Desserts ohnehin selten, bei diesem kann ich's aber auch ausschließen: "Berry Poppies" nennt es sich und ...

Foto: Harald Fidler

... ist ein in Milch gekochter Mohnstrudel, dessen Klebrigkeit mich an Dim Sum denken lässt - aber nicht alles, was hinkt, ist gleich ein Vergleich. Powidl, Himbeerschaum und Bockbierschaum (nicht störend bockig) sowie Zimtcroutons. Das wird mich nicht zum Nachspeisenfreund bekehren, sorry.

Aber ich bin ja selbst mitschuld an meiner Enttäuschung: Schöne Erinnerungen an Sandro Balogh, noch schönere an Christian Petz - und dann auch noch bei Regen entern. Das kann nicht gut gehen. (Harald Fidler, derStandard.at, 2.9.2014)

PS: Wann wird's denn was mit dem neuen Wirtshaus von Christian Petz? Hab ich was überlesen, übersehen? Weiß wer was?