Man darf die Stimmung im Foyer des Stadtkinos unterkühlt nennen ...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... umso wichtiger, dass Chili die Teigtaschen befeuert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das kommt davon, wenn man sich die Filme hausschlapfig aus dem Netz runtersaugt, statt ins Kino zu gehen: Dann kriegt man nämlich nie mit, dass das Foyer des Stadtkinos im Künstlerhaus seit einem Jahr ein Restaurant beherbergt - und ein vielfältig erfreuliches noch dazu.

Okay, die krematoreske Stimmung, die der weitläufige, niedrige Raum in den Abendstunden verbreitet, gehört definitiv nicht dazu. Man muss kein Zyniker sein, um sich angesichts der tiefen Lichtstimmung, der bleigrauen Wände, der verstreut aufgebahrten Kunstinstallationen und der schmutzigweißen Grablichter auf den Tischen in eine Art Mausoleum versetzt zu fühlen - schwieriger Platz, das. Der verhalten aus den Boxen wummernde Funk müht sich zwar redlich, eine Idee von Vitalität dagegenzuhalten, hilft aber nicht wirklich. Zum Glück gibt es ein paar Tische beim Fenster und einen mehr als angenehmen Gastgarten - in diesem Sommer halt mehr theoretisch.

Motivierte Truppe

Dafür scheint in dem Moment, da einer von den Menschen im Service zum Tisch kommt, ziemlich buchstäblich das Licht anzugehen. So freudvoll und aufmerksam, wie einen die anstrahlen, so engagiert und schmähbegabt, wie sie mit den Gästen umgehen, kann man gar nicht anders, als sich schlagartig wohlzufühlen. Hier ist ganz augenscheinlich eine junge, enthusiastisch motivierte Truppe am Werken, die es sich endlich einmal gönnt, Spaß an der Arbeit zu haben. Respekt!

Matthias Kappaurer, Josef Kaufmann und Lukas Bereuter sind das Trio, das hinter dem Projekt steht. Gemeinsam haben die Vorarlberger bereits die Tonstube in der Laimgrubengasse gemacht, eine angenehme Neighbourhood-Bar. Gemeinsam haben sie mit Anfang September auch die Gastronomie von Wien-Museum einerseits und Porgy & Bess andererseits über. Wenn das so weitergeht, entwickelt sich da ein neuer Gastromulti für Wien - und zwar ausgerechnet an Orten, die bislang mit Kassengift verseucht zu sein schienen.

Schwarze Tafel

Für die Küche wurde mit Lukas Linser ein Tiroler ins Team geholt, der seine Sache ziemlich gut macht. Die kleine Speisekarte wird täglich mit ein paar Extrapositionen aufgefettet. Es lohnt sich, auf die Tafel hinter der Schank zu achten. Chinesische Teigtaschen mit Chili und Koriander etwa sind eindeutig selbst gemacht, mit elastischem Teig und muskulös gewürzter Fülle - salzig, aber auch herrlich rauchig, dezent geschärft, gut (siehe Bild).

Burger in knusprigem Ciabatta ist eine Wucht, das grob Faschierte medium rare wie gewünscht gebraten, reifer Bergkäse oben drauf gratiniert, dazu senfige, pikante Sauce: heftiges Aromenspiel, aber auf wirklich gute Art. Ziegenkäse-Zitronen-Risotto macht sich geschmacklich gut, gerät aber wie oft allzu pampig. Dafür überzeugt der gedämpfte Saibling mit Pinienkernen, Apfel-Kren-Salat und Karfiolcreme mit ungewöhnlicher, aber schlüssig korrespondierender Zusammenstellung - sehr gut.

Bei den Weinen sieht es nicht gar so spannend aus, dafür sind die hausgemachten Limonaden (schmecken wie Orangina, aber besser!) umso bemerkenswerter. Es wird Zeit, endlich wieder ins Kino zu gehen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 5.9.2014)