Kommen bei Ihnen Füße auf den Tisch?

Foto: Michael Hausenblas

Pro
Von Gerfried Sperl

Ein starkes Argument für hochgelagerte Füße: Das ist gesund. Deshalb mache ich es gerne.

Zwei Dinge halten mich oft und spontan davon ab. Der viel zu volle Schreibtisch und die an meiner Koje vorbeischlendernden Kolleginnen und Kollegen.

In meiner Zeit als Chefredakteur kam ich viel öfter dazu, vor allem am Abend, wenn niemand durch eine der Türen trat. Jene zu meiner Assistentin Ulrike Ypsilanti war ohnehin fast immer offen. Aber wenn sie zum Schreibtisch trat, nahm ich die Füße schnell von einem Zeitungs- oder Bücherstapel herunter. Niemandem kann man zumuten, als Erstes die Schuhsohlen zu erblicken.

Abgesehen davon: Hochgelagerte Füße sind (selbst ohne Besucher) nur dann okay, wenn die Sohlen keine Löcher haben und die Schuhe halbwegs geputzt sind.

Ausnahmen? Ja. Wer nagelneue oder extravagante Schuhe anhat, kann sie auch bei Personenverkehr auf den Tisch legen. In eine von Türen abgewandte Richtung.

Kontra
von Andrea Schurian

Stimmt. Hochgelagerte Beine sind gut für die Durchblutung. Prinzipiell wäre auch Frischluft statt Klimaanlage der Gesundheit zuträglich. Aber, leider, man(n) kann nicht alles haben. Und so sind wir spaßbremsenden Weibsen: Beine hoch ist hierarchiebewusste Machopose (so wie übrigens auch Beine breit vulgo Cojones-Rechts-/Linksausleger-/ Mittenrunterhänger-Sitzgehabe). Füße haben im Büro einen einzigen Platz: unterm, nicht auf dem Tisch, egal ob das Schuhwerk extravagant und die Sohle lochfrei ist.

Weil, Szene 1: Chef (m), Beine auf dem Tisch (wo Boss in solchen Positionen die Pfoten zwischenlagert, ist oft pornös); Arbeitskraft (f) tritt ein. Vorstellbar? Manno! Klar. Szene 2: Chef (f), Beine am Tisch; Arbeitskraft (m) kommt; unverschämter Blick aufs Drunter, weil das Kleid hochgerutscht ist. Peinlich? Exakt. Szene 3: Arbeitskraft (m/f) Beine oben; Chef (m/f) kommt. Undenkbar? Ja! Schon aus Gründen hierarchiefreier Gendergerechtigkeit gehören Füße, eh schon wissen: runter vom Schreibtisch! (Rondo, DER STANDARD, 12.9.2014)