Für Georgien hat eine EU-Mitgliedschaft weiter höchste Priorität. "Wir bleiben auf Kurs", sagte Außenministerin Maia Pandschikidse am Mittwoch in Tiflis in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz. Die euroatlantische Integration Georgiens sei "nicht gegen jemanden gerichtet", meinte Pandschikidse in Anspielung auf Russland.

Die Ministerin antwortete damit auf die Frage des STANDARD, was Georgien von der in der EU diskutierten Adaptierung der Östlichen Partnerschaft halte. Kurz ventiliert, wie berichtet, als Konsequenz aus der Ukraine-Krise eine Art Neudefinition der Partnerschaft - in dem Sinn, dass sich die Länder dieser Kooperation nicht mehr zwischen der EU und Russland entscheiden müssen, sondern mit beiden Seiten gute wirtschaftliche Beziehungen pflegen können.

Georgien hat sein Assoziierungsabkommen mit der EU bereits ratifiziert. Russische Drohungen, wonach Moskau deshalb das Freihandelsabkommen mit Tiflis kündigen werde, haben sich laut Pandschikidse bisher nicht bestätigt. Ihre Regierung arbeite konstant an einer Verbesserung und Normalisierung der Beziehungen zu Russland; und auf wirtschaftlichem Gebiet habe man auch schon einige Fortschritte erzielt.

"Nichts vorgaukeln"

In Österreich steht ein Termin für die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens mit Georgien noch nicht fest. Eine Beitrittsperspektive für das Südkaukasus-Land sei in der EU derzeit kein Thema, sagte Kurz im Gespräch mit Journalisten: "Es bringt nichts, diesen Ländern etwas vorzugaukeln." Die weitere EU-Annäherung Georgiens war auch Hauptthema des Treffens von Kurz mit Staatspräsident Giorgi Margwelaschwili.

Gegenüber Maia Pandschikidse sprach Kurz auch die umstrittenen Verfahren gegen mehrere Mitglieder der früheren Regierung unter dem damaligen Präsidenten Michail Saakaschwili an. Ohne auf Einzelfälle eingehen zu wollen, halte er "die Gesamtoptik für problematisch", sagte der Minister im Gespräch. Saakaschwili selbst lebt im Exil in den USA, wo er eine Gastprofessur an der Tufts University in Boston innehat. In Georgien droht ihm bei der Einreise die sofortige Verhaftung. Die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs während einer Demonstration der Opposition eingeleitet.

Für die österreichische Wirtschaft ist Georgien ein Hoffnungsmarkt, vor allem im Bereich Energie. Hier setzt das Land auf den Ausbau der Wasserkraft, und österreichische Firmen haben gute Chancen, dabei zum Zug zu kommen - auch weil Georgien neben Armenien ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist. 2013 und heuer haben die Projekte - unter anderem in der Forstwirtschaft - ein Gesamtvolumen von je etwa drei Millionen Euro. (Josef Kirchengast aus Tiflis, DER STANDARD, 11.9.2014)