ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner.

Foto: Heribert Corn

Wien – "Wir brauchen keine Zurufe, dass wir zu denken anfangen sollen“: ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner präsentiert ihr Programm für 2014/15 mit einer Grußadresse an Finanzdirektor Richard Grasl. Der wünschte sich im Standard-Interview mehr österreichische Programme auf ORF 1 und rief die Programmmacher im Branchendienst atmedia.at auf, darüber "nachzudenken“.

"Es sind weit mehr Ideen da, als wir finanzielle Möglichkeiten haben“, spielt Zechner den Ball am Dienstag zurück an Grasl: "Ich wäre fehl am Platz, wenn ich nicht mehr Ideen als Geld hätte.“ Wie viele Millionen Grasl und Zechner in den laufenden Budgetverhandlungen für 2015 noch auseinander liegen, will die Fernsehdirektorin nicht sagen. Aber: "Für einen Profi, der von der Schuhspitze bis zur Hochsteckfrisur für Programm brennt, ist ein solcher Prozess extrem anstrengend.“

„Extrem anstrengend“

Das liege in der Natur des Programmmanagers, sie sieht sich eines Sinnes "von Ernst Wolfram Marboe (ORF-Intendant) bis Jon de Mol (Endemol-Erfinder).“ Aber: "Mehr Kraft und Gestaltungsvermögen zu haben, als realisierbar ist, ist ein sehr anstrengender Zustand.“

Grasl wiederholte in atmedia seine Idee, auf die Formel 1 zu verzichten und in österreichische Produktionen investieren. Zechner hätte den PS-Zirkus, wiewohl "sehr hoch dotiert“, "sehr gerne“ weiter im Programm – und verweist auf Spielberg und Red Bull und "unfassbare Marktanteile“.

Was plant Zechner mit ihren mehr als 400 Millionen Euro TV-Budget inklusive Sonderbudgets für dreimal Ski-WM (Alpin, Nordisch, Snowboard) und Song Contest? Vor allem Song Contest, im ersten Halbjahr jedenfalls.

Acht bis zehn Hauptabende will Zechner schon bis März 2015 mit dem Song Contest bespielen (und also "Dancing Stars" in eine Frühjahrspause schicken), Zechner beschreibt das Generalthema mit: "Dass ein Land die Stimme erhebt“. – Akustisch und gesellschaftlich, für das Anrecht "jedes Individuums auf Respekt und Anerkennung“. Die passende Moderation will sie im Dezember festlegen. Sie hat schon ihre "innere Überzeugung“, wer drei Stunden live mit „Charme“ und mindestens zweisprachig könnte. Das trifft wohl nicht allein auf Alfons Haider zu, der gerade im English Theatre eine Butterbrot-Übersetzung spielt. In vier "Vorausscheidungsshows“ will Zechner den heimischen Musikbeitrag finden unter den "wunderbarsten Stimmen aus allen Regionen und Musikfacetten“.

"Alle Regionen“ tauchen oft auf in der Präsentation: Zum Nationalfeiertag Armin Assinger mit neun Promis und "Schätzen“ aus jedem Bundesland. Fünf von neun "Landkrimis“. Hermann Maier bei Bienen und Blumen auf der sommerlichen Streif. Womöglich kündigt sich da die ORF-Direktorenwahl 2016 an – neun der 35 entscheidenden Stiftungsräten entsenden die Bundesländer. Grasl hat erklärt, er wolle im Direktorium bleiben. Zechner auch, so "anstrengend“ das sein kann. (fid, DER STANDARD, 12.9.2014)