Wien - Eine wichtige Weichenstellung erwartet Voestalpine-Chef Wolfgang Eder im Oktober. Die neue EU-Kommission ist bei der Festlegung des neuen Regimes für Klimaschutz und Emissionshandel zwar offiziell noch nicht im Amt, aber sie werde wohl mitmischen bei den neuen Spielregeln. Ein Kurswechsel sei dringend notwendig, denn das Klimapaket 40/27/30 mit 40 Prozent Treibhausgasemissionen, 27 Prozent erneuerbare Energien und 30 Prozent Energieeinsparung führe schnurstracks in die Deindustrialisierung der EU, warnte Eder am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Dieses Regime würde nicht die angestrebte Energiewende bringen, sondern das Gegenteil: "as Energieende für die europäische Industrie". Bis 2035 müssten pro Jahr 100 Milliarden Dollar in den Ersatz der veralteten Energieinfrastruktur und der angestrebten "Dekarbonisierung" gepumpt werden - Geld, das gar nicht vorhanden sei. Daher sei ein Richtungswechsel hin zu einem Energiebinnenmarkt unumgänglich, Energiepolitik dürfe nicht länger nationalen Interessen unterworfen sein. "Wir brauchen einen Masterplan für Europa", appelliert Eder. Die Internationalisierung der Industrie sei schließlich nicht aufzuhalten. "Es ist naiv zu glauben, dass die Autoindustrie in Europa bleibt, wenn die Stahlindustrie weggeht. Gleiches gilt für Forschung und Entwicklung."

Europa stoße nur zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, aber die strengsten Vorschriften. China, Indien, Brasilien, USA, Russland und Japan hätten "keinerlei Einschränkung bei CO2-Emissionen. "Nächstes Jahr beim Klimagipfel in Paris muss es gelingen, den Emissionshandel global auszurollen, sonst stranguliert sich Europa", warnt Eder.

Ähnliches spielt sich bei Energiepreisen ab: Industriestrom ist in der EU um 20 Prozent teurer als in China, um 65 Prozent über dem Niveau in Indien und doppelt so hoch wie in den USA und Russland. Der Gaspreis, von dem die Voest allerdings marginal betroffen ist (90 Prozent sind Abfallprodukt ihrer Kokerei etc.), lag beim Drei- bis Vierfachen der USA, Kanadas und Russlands.

Womit klar ist: Die Voest braucht einen Plan B für ihre Produktionsanlagen. Die Lebensdauer von Hochöfen und Anlagen in Linz und Donawitz spielt ihr dabei in die Hände: In zehn Jahren stehen zwei von drei Hochöfen in Linz und beide in Donawitz zum Neubau an. "Bevor wir in die Pleite getrieben werden, gehen wir weg aus Europa", wiederholte Eder die Androhung von Abwanderung. (ung, DER STANDARD, 16.9.2014)