Das Großwirtshaus im Alten AKH war bisher für bierdunstige Deftigkeiten bekannt. Die gibt's eh noch, aber ganz anderes auch.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wildschweinnierndeln in Bier-Specksauce.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Universitäts-Bräuhaus wird demnächst 20 – und ist damit noch ein bissl älter als der Campus am Alten AKH, wo es daheim ist. Wieder einmal darf man sich wundern, wie schnell die Zeit vergeht. Grund zur Freude ist das keiner, außer natürlich für Betreiber Stefan Hajszan, der dem großen Wirtshaus aus diesem Grund eine Frischekur angedeihen lässt.

Die vergangenen Jahre war Hajszan im Uni-Bräu nicht ganz so präsent, wie diesem gutgetan hätte, mittlerweile ist das aber passé. Seit dem Verkauf des Weinguts, das sich der Gastronom vor mehreren Jahren mit erheblichem Einsatz geleistet hatte, sind Kapazitäten freigeworden – inzwischen kann es sogar vorkommen, dass einem der Chef persönlich im Unibräu das Essen bringt. Und das setzt sich seit ein paar Wochen längst nicht mehr nur aus Burger, Schnitzel und Eiernockerl oder Bauerntoast zusammen, wie das die vergangenen Jahre vorwiegend der Fall war.

Steirereck-Haudegen

Dafür ist ganz wesentlich Danijel Duspara zu danken, einem Steirereck-Haudegen mit legendär guter Kochpranke, der Hajszan vor Jahren schon einmal sein Weinrestaurant in der Grinzinger Straße in die Höhe gekocht hatte. Im Uni-Bräu scheint der Mann in Komplizenschaft mit dem ebenso jungen wie talentierten Karl Nöbauer als Sous-Chef (zuvor Eisvogel) ein ambitioniertes Ziel zu verfolgen, schon gar für ein Wirtshaus mit 200 Sitzplätzen: nämlich eine Wiener Wirtshauskarte zu kochen, die der überwältigenden Mehrheit der Nobel- und sonst wie gespritzten Beiselwirten der Stadt die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte. Das gelingt den beiden schon ziemlich gut.

Allein die Lektüre der Speisekarte lässt einem das Herz aufgehen. Die Klassiker sind sowieso da, von Fleischstrudel- wie Frittatensuppe über Peterwurzencreme mit Lardochips bis zu einem kühl-köstlichen, zart mit Cognac gesättigten Entenleberparfait samt Malzbier-Essigschalotten und eingelegten Eierschwammerln. Rindsgulasch mit Butternockerl, Zwiebelrostbraten oder (wunderbar rieslingsaures) Kalbsbeuschel mit Brezenknödel? Alles da. Aber es gibt noch ganz anderes: Wildschweinnierndeln in Bier-Specksauce zum Beispiel (siehe Bild), weil Hajszans Vater am Fuß der Rax nicht bloß eine weitläufige Bio-Landwirtschaft betreibt, sondern auch Jäger ist. Dementsprechend frisch, zart, geradezu knackig baden die rosa sautierten Wonneproppen in einer kraftvollen, rauchig süßen, aber keineswegs niederreduzierten Sauce.

Kalbskopf hoch drei

Gebackene Wildschweinleber, klassisch mit Erdäpfel-Vogerl-Salat gibt es auch, detto ein fantastisches Hirschragout mit Erdäpfelgratin, geschmortes Kalbsschulterscherzel mit Pilzen oder Wildschweinrücken auf Balsamicolinsen – Letztere fallen mutmaßlich unter das Suchtmittelgesetz. Beinschinken vom Thum wird mittels Kürbis-Pannacotta und Kren zum Horsd'oeuvre, das Dreierlei vom Kalbskopf (in hauchdünnem Erdäpfelknödel gebacken, mit Paradeisermarmelade gesulzt, als deftiges Supperl in der Doppio-Tasse serviert) sticht ihn aber glatt aus.

Ja bistdudeppert, dass man in einem Studentenwirtshaus solche Schätze heben kann! Man darf halt nicht auf die anderen Tische schauen, wo sich nach wie vor die Fritterschnitzeln und Burger (wobei: der kann auch etwas!) türmen. Richtig gut ist die Weinkarte, bei den an sich tollen Bieren von Stift Schlägl würde man sich etwas striktere Schankhygiene wünschen. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 19.9.2014)