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Helmpflicht für Rennradfahrer im Training. Der Freizeitfahrer muss nicht.

Foto: EPA/NICOLAS BOUVY

Wien/Attersee - Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat erstmals die Helmpflicht für Radfahrer bejaht, die unter rennmäßigen Bedingungen fahren und sich damit besonderen Gefahren aussetzen. Erleidet ein solcher Radfahrer bei einem Sturz Verletzungen, die beim Tragen eines Helms vermeidbar gewesen wären, trifft ihn demnach eine Mitschuld.

Ausgangspunkt dieser am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung war ein Unfall auf einer Bundesstraße am Attersee im oberösterreichischen Bezirk Vöcklabruck. Eine 85-Jährige wollte dabei die Fahrbahn überqueren, als sich ihr zwei Radfahrer auf Rennrädern mit rund 35 km/h näherten. Der zweite Radfahrer fuhr im Windschatten des ersten in einem Abstand von nur eineinhalb Metern. Beide waren mit Renndressen bekleidet, trugen aber keinen Helm.

Die Frau sah zwar die beiden Radfahrer, glaubte aber, sie könnte noch vor ihnen die Straße überqueren. Als der voranfahrende Radler deshalb rasch bremste, fuhr der nachkommende auf ihn auf, stürzte und erlitt schwere Kopfverletzungen samt Dauerfolgen. Hätte er einen Helm getragen, wäre er mit einer Gehirnerschütterung ohne Dauerfolgen davongekommen.

OGH orientiert sich an deutscher Rechtsprechung

In dem anschließenden Gerichtsverfahren teilten die ersten Instanzen das Verschulden auf. Den Radfahrer traf demnach eine Mitschuld von einem Drittel, die Pensionistin, die den Unfall ausgelöst hatte, von zwei Dritteln. Der OGH kürzte nun den Ersatzanspruch des Radfahrers um weitere 25 Prozent.

Das Höchstgericht lehnte sich an die Rechtsprechung deutscher Obergerichte an, die zwischen "normalen" und "sportlich ambitionierten" Radfahrern unterscheiden. Es bejahte eine Helmpflicht für das unter rennmäßigen Bedingungen fahrende Unfallopfer, das sich einem besonderen Risiko durch das Windschatten- und das schnelle Fahren ausgesetzt habe. Außerdem hätten zwei Jahre zuvor bei einer Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit 93 Prozent der Befragten das Tragen eines Helms bei Radsportlern als wichtig bezeichnet. Somit könne von einem "allgemeinen Bewusstsein der beteiligten Kreise" in Österreich ausgegangen werden, dass der "Einsichtige und Vernünftige" wegen der erhöhten Eigengefährdung bei Fahrten unter rennmäßigen Bedingungen einen Radhelm trage, begründete der OGH seine Entscheidung.

Für andere Regelungen als die Helmpflicht gab es in Österreich auch bisher schon eine Unterscheidung zwischen "Trainingsfahrten von Rennradfahrern" und Freizeitradlern. Unter Trainingsbedingungen dürfen Sportler auf Straßen auch nebeneinander fahren. Außerdem müssen Rennräder nicht mit Sicherheitsvorkehrungen wie Rückstrahlern und Glocke ausgestattet werden. (APA/red, derStandard.at, 17.9.2014)