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Ayatollah Ali Khamenei (75) verlässt das Krankenhaus, in dem er operiert wurde. Obwohl er sich aggressiv und pessimistisch äußerte, verhandelt Außenminister Javad Zarif weiter.

Foto: AP Photo/Office of the Iranian Supreme Leader

New York / Wien - Optimistisch klang US-Staatssekretärin Wendy Sherman nicht, als sie sich am Dienstag zu den bevorstehenden Atomverhandlungen mit dem Iran äußerte: Obwohl "potenzielle Antworten auf einige Schlüsselfragen identifiziert" worden seien, blieben der Iran und die P5+1 bei anderen zentralen Punkten, "wie Größe und Zweck der iranischen Uran-Anreicherungskapazität, weit auseinander".

Die Verhandler - die fünf Uno-Vetostaaten plus Deutschland - hätten Teheran "faire, flexible und mit dem iranischen Bedarf konsistente" Ideen unterbreitet, sagte Sherman. Im Wissen, dass der Iran bei nicht wenigen Uno-Mitgliedsstaaten Gehör findet, wenn er "nukleare Diskriminierung" beklagt - die iranische Urananreicherung soll ja streng gedeckelt werden -, sagte sie voraus, dass Teheran bei der Uno-Generalversammlung in New York die Welt davon zu überzeugen versuchen werde, dass der Status quo - also das Anreicherungsprogramm in seiner alter Kapazität - akzeptabel sei. Das sei es aber nicht.

Zur Generalversammlung wird auch Präsident Hassan Rohani in New York erwartet. Ein Treffen mit US-Präsident Barack Obama ist nicht vorgesehen.

Gedämpfte Stimmung

Die Stimmung war also gedämpft vor der Atomrunde, die am Mittwoch mit einem Treffen zwischen dem iranischen Außenminister Javad Zarif und der EU-Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton eröffnet werden sollte. Es wird in verschiedenen Formaten getagt werden, bevor am Freitag die offizielle Runde aller Beteiligten stattfindet. Viele Beobachter halten die Gespräche in New York, auch wenn niemand mit einem Abschluss rechnet, für entscheidend.

Dem Termin in New York ging ein Geplänkel zwischen Teheran und Washington anlässlich der Anti-IS-Konferenz in Paris voraus. Der Iran, obschon ein Gegner des "Islamischen Staats" und im Irak mit den USA auf derselben Seite, war dazu nicht eingeladen worden. Wie es heißt, hatten nicht zuletzt die sunnitischen Golfstaaten dagegen ein Veto eingelegt.

Irans religiöser Führer, Ayatollah Ali Khamenei, der nach einer Prostatakrebs-Operation erst das Krankenhaus verlassen hatte, meldete sich zu Wochenbeginn schneidend scharf zu Wort: Die Anti-IS-Allianz - die sich ja auch gegen den iranischen Verbündeten Bashar al-Assad in Syrien geäußert hat - sei "absurd, hohl und unausgewogen". Schon zuvor hatte Khamenei mehrfach gesagt, dass er nicht an einen Nukleardeal glaube, denn die USA würden ihn verhindern.

Die Bedrohung durch den IS, derzeit das akuteste Problem der USA im Nahen Osten, könnte den Iran dazu verleiten, seine Verhandlungsposition zu überschätzen, zitiert der US-Radiosender NPR den Professor für iranische Studien in St. Andrews in Schottland, Ali Ansari. Dass die Amerikaner dem Iran deswegen viel weiter als geplant entgegenkommen könnten, ist aber beinahe ausgeschlossen.

Angeschlagener Khamenei

Dabei ist die Situation im Iran selbst alles andere als rosig, und nicht nur wegen der Sanktionen, die die Wirtschaft lähmen: Die Krankheit Khameneis ist ein Verunsicherungsfaktor, außerdem sind Teile des Iran heuer erneut von einer Dürre heimgesucht, die die bereits prekäre Wassersituation weiter verschlechtert. In Isfahan, wo der Fluss Zayandeh einmal mehr trocken ist, soll es bereits Proteste gegeben haben, berichtete das Online-Medium Al-Monitor.

Zeit haben die Verhandler bis 24. November, da jährt sich die Grundsatzvereinbarung, die zu den aktuellen Verhandlungen geführt hat. Ursprünglich wollte man am 20. Juli abschließen, diese Deadline wurde verfehlt, aber mit einigem Optimismus ausgedehnt. Seither dürfte sich nicht viel bewegt haben, auch wenn die jüngsten Gespräche in Wien und vorher in Genf positiv bewertet wurden. Technische Details sickern so gut wie keine durch.

Auch Ashton, zu der die Iraner eine Vertrauensbasis aufgebaut haben, hätte einen Durchbruch vor Fristende im November gerne gesehen. Am 1. November kommt ihre Nachfolgerin Frederica Mogherini ins Amt, es ist jedoch auszuschließen, dass sie die Verhandlungsführung für die letzten Wochen übernimmt. Das heißt, auch die EU braucht kreative Lösungen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 18.9.2014)