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Internet-Abschottung für den "Notfall": Wladimir Putin.

Foto: AP / Alexei Nikolsky

Die Ukraine-Krise dominiert derzeit das Handeln des Kremls: Auf internationalem Parkett hat sich Russlands Präsident Wladimir Putin gerade für die Ausrichtung einer Ukraine-Friedenskonferenz in Wien ausgesprochen. Auf nationaler Ebene versucht die russische Führung die Ausbreitung des "Maidan-Virus" zu verhindern und westlichen Einfluss zu minimieren. Wirtschaftlich mit der Wendung gen Asien, ideologisch mit Nachrichten-Regulierung.

Dabei gerät auch das Internet ins Visier der Behörden: Laut der Tageszeitung "Wedomosti" sollen in der kommenden Woche auf einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats im Beisein Putins Maßnahmen zur "Stärkung der Souveränität" des sogenannten ru-Nets beraten werden.

Domainverwaltung in den Händen des Staates

Diskutiert wird einerseits darüber, die Domainverwaltung in die Hände des Staates zu legen, andererseits über die Möglichkeit, das russische Netz im Notfall vom World Wide Web abzukoppeln. Laut einem Informanten von "Wedomosti" fallen zum Beispiel ein Krieg oder Massenproteste im eigenen Land unter die Definition eines derartigen Notfalls.

Bürgerrechtler wie Lew Ponomarjow und Swetlana Gannuschkina reagieren besorgt auf die Nachricht einer möglichen Abschaltung und warnen vor einer Isolierung. Putins Sprecher Dmitri Peskow allerdings beruhigte: "Es kann keine Rede davon sein, dass Russland vom globalen Internet abgeschaltet wird, dass es sich darauf vorbereitet oder so eine Möglichkeit erwägt", sagte er. Es gehe nicht darum, sich abzuschotten, sondern darum, die Sicherheit des russischen Internets gegenüber äußeren Angriffen zu erhöhen und sich wegen des "unberechenbaren Verhaltens" von Europäern und Amerikanern "für den Fall der Fälle" zu rüsten, fügte er hinzu.

Kreml: "Keine Abschottung"

Geplant ist offenbar die Schaffung eines eigenen Regulators für die Zuteilung von IP-Adressen im eigenen Land - derzeit ist die amerikanische NGO "Internet Corporation for Assigned Names and Numbers" (Icann) weltweit für die Vergabe von IP-Adressen zuständig. Diese, so fürchtet Moskau, könne im Fall eines Konflikts auf Druck Washingtons die Arbeit des ru-Nets lahmlegen.

Theoretisch sei die Verlagerung nach Russland möglich, sagt Wjatscheslaw Kokorin, Generaldirektor von NLO Marketing. Schnell sei das allerdings nicht zu realisieren. Zudem verliere Russland damit den Kontakt zur Außenwelt, warnt der Internetexperte. Seinen Angaben nach sind auch viele russische Internetprojekte auf Auslandsservern geparkt, die dann nicht mehr zugänglich sind. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 20.9.2014)