Wien - Jessas. Verliert Österreich seine Identität? Was soll nur aus diesem herrlichen Flecken auf der Landkarte Europas werden, wenn seine Klischees so wegschmelzen wie seine Gletscher? Ob solcher Gedanken hat der Wiener Regisseur Yosi Wanunu wahrscheinlich so lange schlaflos im Bett Polka getanzt, bis er zwei Erleuchtungen hatte. Im Schein derselben entstand die Revue "The Making of Österreich": zu sehen bis Sonntag bei MQ Summer of Sounds im Dachboden des Wiener Museumsquartiers.

Eine dieser Erleuchtungen war das Klischee-Feuerwerk in dem Film "The Sound of Music" (dt. "Meine Lieder - meine Träume von Robert Wise", 1965) nach dem Musical von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein, das 1959 auf dem Broadway uraufgeführt wurde. Und als andere Erleuchtung erschien Austrofred. Diese Kunstfigur des oberösterreichischen Entertainers Franz Adrian Wenzl markiert seit 2002 den ursubversiven Parade-Einheimischen.

Auf Basis dieser Hausmannskost ist "The Making of Österreich" aber nicht nur die Erweckung des gut pickerten Austro-Nachkriegsklischees, wie es einst über die NS-Vergangenheit des Landes geklebt wurde. Sondern bereits ein Spiel mit den Ruinen der holden Heimatfilm-Seligkeit, die heute selbst bereits zu den Österreich-Stereotypen gehören. Mit Austrofred als Museumsführer, der das Publikum launig-resch durch acht inszenierte Räume schleust, lernen wir die einst populär gewesene Trapp-Familie neu kennen.

Die dafür nötigen Sing- und Tanzszenen sind von einer entzückenden Grauslichkeit, wie sie nur in dem Versuch entstehen kann, Kitsch mit Kitschpersiflage zu vergiften. Am Ende steht eine einzige Versöhnung. Austrofred empfiehlt: "Ned sudern." Und verrät: "Mei Motto is, scheiß ma uns ned an." Das macht uns Mut in Zeiten, die woanders wirklich schwer sind. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 20.9.2014)