Eine "Umarmung" der innigsten Sorte verewigte Egon Schiele 1913, die Gouache ist (und bleibt) in Privatbesitz.

Foto: Christie’s Wien

Medardo Rossos Skulptur fand im Städel-Museum eine neue Heimat.

Foto: Im Kinsky

Verglichen mit anderen europäischen Nebenschauplätzen ist die Dichte der in Wien angesiedelten Akteure der Auktionsbranche beachtlich. Abseits jener Häuser, die wie Lempertz (Köln), Koller (Zürich, Genf) oder Quittenbaum (München) sporadisch Expertentage veranstalten, begann der Zustrom internationaler Ansprechpartner bereits Mitte der 1960er-Jahre. Die Vorhut bildeten Repräsentanten, später folgten Eröffnungen von Niederlassungen: Sotheby's (1981), Christie's (1985), Neumeister (1989), Bonhams (2007).

Versteigerungen stehen bei solchen Repräsentanzen nie auf dem Programm, vielmehr geht es um Betreuung österreichischer Klienten und besonders um Akquisitionen. Theoretisch sollte dies eine Verschärfung des Wettbewerbs zur Folge haben, in der Praxis war und ist das nur in der oberen Güteklasse der Fall. Dort bekommen es die lokalen Protagonisten, insbesondere die Auktionshäuser in den Sparten Alte Meister oder Klassische Moderne allerdings zu spüren, da sich Besitzer solcher Kunstwerke über eine Versteigerung in New York, London oder Paris größere Chancen im Sinne lukrativerer Ergebnisse erhoffen.

Artcurial in Wien

Davon kann beispielsweise Christie's ein Lied singen, wiewohl Österreich - bemessen an in fünf Jahrzehnten hier abgeschöpften Werten - eine Hymne verdient hätte: Von der Mauerbach-Benefizauktion in Wien 1996 (11,3 Mio. Euro) über den Verkauf der restituierten Rothschild-Sammlung 1999 in London (87,2 Mio. Euro), das lukrative, zuvor an die Erben nach Bloch-Bauer restituierte Klimt-Quintett nicht zu vergessen (Private Sale: 135 Mio. Dollar "Goldene Adele"; Auktion: 192,7 für vier Bilder); dazu die im Oktober zu versteigernde Essl-Kollektion (44 Werke, 50-75 Mio. Euro).

Über eine mit Leihgaben aus österreichischem Privatbesitz bestückte Ausstellung (bis inkl. 21. September) zelebriert man dieser Tage das runde Jubiläum. Zu den Pretiosen gehören Egon Schieles "Umarmung", eine Gouache aus 1913, sowie Gustav Klimts "Schönbrunner Landschaft" (1914-16). Ende September bekommt die Repräsentanzen-Familie neuerlich Zuwachs, konkret eröffnet Artcurial (Paris) - nach Mailand und Brüssel (2012) - in Wien eine Niederlassung. Das 2002 gegründete und vergleichsweise junge Auktionshaus hat sich in einigen Segmenten - etwa europäische Marktführerschaft im Bereich Design - und vor allem punkto Umsatzzahlen in die obere Liga gespielt.

2013 notierte man einen Jahresumsatz von 178 Millionen Euro (+24 % ggb. 2012). Aktuell verlautbarte man 105 bis inklusive Juni eingespielte Millionen Euro (+14 % ggb. 2013), wozu elf Besitzerwechsel zu Werten über einer Million Euro beitrugen. Das sind zehn mehr, als Dorotheum und "im Kinsky" hierzulande seit Anfang des Jahres notieren durften: Im aktuellen Ranking der zehn höchsten Zuschläge passierte einzig Lucio Fontanas "Concetto Spaziale" aus 1957 (1,07 Mio. Euro inkl. Aufgeld, Dorotheum) die Millionen-Grenze.

Erstmals in der Geschichte des hiesigen Marktplatzes schaffte es zum Halbjahr kein einziges Werk eines heimischen Künstlers in die Topwertung, weder Walde noch Waldmüller, weder Makart noch Klimt, ebenso kein Schiele. Eine überraschende Premiere, die auch - aber nicht nur - auf einer steigenden Nachfrage für Zeitgenössisches ausländischer Herkunft basiert. Die seit Anfang des Jahres erwirtschafteten Auktionserlöse spiegeln diesen Wandel bedingt. "Im Kinsky" beziffert diese mit 12,4 Millionen Euro (ggb. 12,62 Mio. 2013), das Dorotheum will auf Anfrage keine nennen. Wirft man dort einen Blick auf die Resultate der im Frühjahr veranstalteten Auktionswochen, dann reduzierte sich der im ersten Halbjahr erwirtschaftete Umsatz um knapp acht Prozent (auf 27,40 Mio. Euro 2014). (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM, 20.9.2014)