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Nicolas Sarkozy sieht sich als Retter der Nation. Wieder einmal.

Foto: REUTERS/Philippe Wojazer

Er kehre völlig "ohne Arroganz und Revanchedenken" in die Politik zurück, erklärte Frankreichs ehemaliger Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Sonntag in einem Interview mit dem Journal du dimanche - um sofort und ungefragt anzufügen, er wolle auch "niemandem gegenüber aggressiv sein". Doch dann wurde er doch gleich wieder angriffslustig. "Ich kann ja auch nichts dafür, wenn François Fillon das Vakuum nach meinem Abgang nicht ausgefüllt hat", griff er seinen früheren Ex-Premierminister an, der wie er selbst bei den Präsidentschaftswahlen 2017 antreten will.

Und dem früheren Regierungschef Alain Juppé unterstellte Sarkozy implizit, er sei mit 69 Jahren bereits zu alt für eine Präsidentschaftskandidatur. Sarkozy selbst ist ein Jahrzehnt jünger. Und außerdem sei Juppé von der Justiz schon einmal rechtskräftig verurteilt worden.

An beide gewandt meinte der Bewohner des Élysée-Palasts von 2007 bis 2012, der in zwei Monaten wieder den Vorsitz der konservativen Union für eine Volksbewegung (UMP) übernehmen will: "Wenn ich mit der neuen Partei reüssiere, werden sie mich nicht mehr einholen können." Und er ergänzte, als wäre er schon Parteichef: "Ich werde den Namen der Partei ändern, eine neue Organisation aufziehen, neue Mitglieder und Spender anwerben."

"Müssen wir immer von Sarkozy reden?"

Der Erste, dem der Kragen platzte, war Juppé. In Justizangelegenheiten sollte sich Sarkozy "besser nicht messen", flachste er in Anspielung auf dessen acht anhängige Gerichtsaffären. "Aber müssen wir immer von Sarkozy reden?", ärgerte er sich dann vor Journalisten, die ihn in Bordeaux - wo Juppé Bürgermeister ist - mit Fragen bedrängten.

Für Sonntagabend reservierte sich Sarkozy auch einen Auftritt in den Nachrichten des öffentlichrechtlichen Senders France-2. Auf Facebook hat er für seine Comeback-Erklärung von Freitag bereits rund 100.000 "Likes" erhalten. Wohl deswegen brüstete er sich, er habe mit diesem einzigen Auftritt "mehr Facebook-Freunde gewonnen als Juppé und Fillon zusammen haben".

In der UMP begrüßten laut einer Umfrage 86 Prozent der Mitglieder Sarkozys Kandidatur. Etwas anders sieht es aus, wenn man alle Franzosen befragt - und diese sind ausschlaggebend, wennSarkozy erneut Staatspräsident werden will: 61 Prozent missbilligen seine Bewerbung als Parteichef, 63 Prozent wollen nicht, dass er wieder für das Élysée kandidiert. Geradezu vernichtend ist offenbar sein Image: Die Regionalzeitung Sud-Ouest staunte selbst, als sie fragte, wie viele ihrer Leser Sarkozyfür "ehrlich" hielten. Vor seiner ersten Präsidentschaftswahl waren es 61 Prozent gewesen - jetzt sind es gerade noch 29 Prozent.

Spekulationen über Motive

Die Erklärung liegt nicht nur in seinen Justizaffären. Sarkozy begründet seine Rückkehr mit der desolaten Situation der Nation, die seine Talente erfordere. Doch während sich die Pariser Kommentatoren fragen, welche taktischen Motive wohl hinter Sarkozys vorgezogener Rückkehr stehen könnten, meinen in den Internetforen viele, der rasende Ex-Präsident habe sein Nichtstun neben seiner als Sängerin herumtourenden Gattin Carla Bruni ganz einfach nicht mehr ausgehalten. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 22.9.2014)