Die aktuelle Studie zeigt, warum sich der Zustand von Parkinson-Patienten im Krankheitsverlauf immer mehr verschlechtert und neue Symptome auftreten.

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Wien – Erst vor wenigen Tagen hat der Münchener Neuropathologe Armin Giese auf einem Kongress berichtet, dass sich sowohl bei Morbus Alzheimer als auch bei Morbus Parkinson krankmachende Mechanismen im Gehirn ähnlich wie Krankheitserreger bei Infektionen breitmachen. Hinweise auf eine solche Kettenreaktion bei Morbus Parkinson haben jetzt auch Wiener Wissenschafter gesammelt.

Eine internationale, interdisziplinäre Forschungsgruppe um Gabor Kovacs vom Klinischen Institut für Neurologie der MedUni Wien konnte jetzt mit einem Antikörper zeigen, wie sich Parkinson im menschlichen Gehirn von Zelle zu Zelle ausbreitet. Bisher sei dieser Mechanismus nur in experimentellen Modellen beobachtet worden, nun sei er erstmals auch beim Menschen nachgewiesen worden, teilte die MedUni Wien am Montag in einer Aussendung mit.

Verschlechterung erklärt

Im Mittelpunkt der soeben im Fachjournal "Neurobiology of Disease" erschienenen Studie steht das Protein alpha-Synuclein. Es ist im menschlichen Gehirn vorhanden, tritt aber bei der Parkinson-Erkrankung und einer häufigen Art von Altersdemenz (sogenannte Demenz mit Lewy-Körpern; verantwortlich für bis zu ein Viertel aller Demenzerkrankungen) in einer krankhaft veränderten Form auf.

Die Studie, an der auch Wissenschafter aus den USA, Deutschland und Ungarn beteiligt waren, zeigt, dass menschliche Nervenzellen das pathologische alpha-Synuclein aufnehmen und sich so die Krankheit von einer Zelle auf die andere überträgt. "Das erklärt, warum sich Patientinnen im Krankheitsverlauf klinisch immer mehr verschlechtern und neue Symptome auftreten, da sich die Krankheit durch diesen 'Ansteckungsprozess' auf weitere Hirnregionen ausbreiten kann", wurde Kovacs zitiert. Offenbar funktioniert das wie bei den bekannten Dominostein-Kaskaden.

Mittels Antikörper nachgewiesen

Beim Morbus Parkinson kommt es im Laufe der Erkrankung zum zunehmenden Absterben von Zellen im Gehirn, welche den Nervenbotenstoff Dopamin erzeugen. Dieser ist für die Steuerung der Motorik entscheidend. Der Dopaminmangel führt zu den klassischen Symptomen wie Zittern, Steifigkeit der Gliedmaßen etc. Die Krankheit kann durch L-Dopa-Ersatz und synergistisch wirkende Medikamente vor allem am Beginn der Erkrankung gut behandelt werden. Bei einem Teil der Patienten tritt später auch eine Lewy-Body-Demenz auf.

Nachgewiesen wurde der an eine Infektion erinnernde Mechanismus bei Morbus Parkinson von den Forschern mit einem Antikörper, der in Zusammenarbeit mit dem deutschen Biotech-Unternehmen Roboscreen entwickelt wurde. Wie die aktuelle Studie zeigt, ist dieser Antikörper nur mit der krankheits-assoziierten Form von alpha-Synuclein reagiert.

Könnte für Diagnose wichtig werden

"Für Patienten mit Morbus Parkinson bedeutet das, dass der Ausbreitungsmechanismus von alpha-Synuclein von Zelle zu Zelle als möglicher therapeutischer Angriffspunkt dienen könnte, wenn man es schafft, diesen Zell-zu-Zell-Übertragungsmechanismus zu blockieren", so Kovacs. Auch für die Diagnose der Erkrankung könnte der Antikörper wichtig werden. Damit lässt sich krank machendes alpha-Synuclein nämlich in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit nachweisen. Das gilt auch für die Diagnose der Lewy-Body-Demenz. (APA, 22.9.2014)