Frankreich wählt ein neues Parlament - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der französische Senat, der Zweitrat der Republik nach der Nationalversammlung, wurde zur Hälfte neu bestellt. Stimmberechtigt waren allerdings nicht sämtliche Bürger, sondern die sogenannten "grands électeurs", das heißt fast 90.000 Gemeinde-, Departements- und Regionalräte.

Nach den Kommunalwahlen von März, bei denen die Sozialisten in zahllosen Gemeinderäten bereits eine empfindliche Niederlage erlitten hatten, stand das Resultat im voraus fest: Die konservative "Union für eine Volksbewegung" (UMP) gewann von den 179 zu bestellenden Senatssitzen nach ersten Schätzungen mehr als ein Dutzend dazu. Damit verliert die Linke ihre erst vor drei Jahren errungene Mehrheit von sechs Sitzen im französischen Oberhaus wieder an die Rechte. Die rechtsextreme Front National zieht erstmals überhaupt mit zwei Sitzen in den Senat ein.

Dritte Wahlschlappe

Die politische Bedeutung des Urnengangs besteht darin, dass das Lager von François Hollande in diesem Jahr schon die dritte Wahlschlappe erleidet. Gesetzgebungstechnisch ist sie keine Katastrophe, da der Senat Beschlüsse der Nationalversammlung nicht umstoßen kann, sofern es sich nicht um verfassungsrechtlich relevante Gesetze handelt.

Politisch ist der Wahlausgang aber ein neuer Rückschlag für Hollande, der in Umfragen auf einem Rekordtief verharrt. Zumal das Ergebnis sehr deutlich ausfiel: Ein sozialistischer Senator sprach in Anlehnung an Napoleons verheerende Flussüberquerung beim Rückzug aus Russland von einer "Beresina"-Niederlage.

Zweifel an Hollande

Immer mehr stellt sich die Frage, ob der Präsident im Élysée noch eine Basis zum Regieren und vor allem zur Durchsetzung dringend nötiger Landesreformen hat. Von rechts kann die Opposition nun via Senat Verzögerungs- und Obstruktionspolitik betreiben; in der Nationalversammlung will der linke Flügel des Parti Socialiste der Regierung schon bei der kommenden Budgetdebatte die Unterstützung entziehen.

Wenn Hollandes Berater den Senatswahlausgang trotzdem relativ gelassen nehmen, hat das seinen Grund darin, dass auch die Rechtsopposition in einer desolaten Verfassung ist. Verschiedene UMP-Senatoren sind in eine Veruntreuungsaffäre verwickelt, die auch die Wahl von Ex-Premierminister Jean-Pierre Raffarin zum neuen Senatspräsidenten verhindern könnte. In der UMP sorgt das Comeback von Nicolas Sarkozy zudem für Unruhe; prominente Vertreter sind gegen die Kandidatur des Ex-Präsidenten für die im November neu gewählte Parteispitze. (Stefan Brändle aus Paris, derStandard.at, 28.9.2014)