Der künftige EU-Kommissar für die digitale Agenda, Günther Oettinger, will die "digitale Aufholjagd für die EU beginnen". Bei seiner Anhörung im EU-Parlament Montagabend in Brüssel sagte der Noch-Energiekommissar, notwendig sei eine gemeinsame europäische Digitalpolitik.

"Wir fallen zunehmend zurück"

"Wir leben mitten in einer Revolution". Die digitale Technologie ändere unsere Welt komplett. Dies gelte für Arbeitsplätze, Produktionsformen, Dienstleistungen, Transportsektor, Energie, Gesundheit, Bildung und lebenswertes Altern. Europa habe zwar "viele starke Assets, aber im Vergleich zu den USA oder einzelnen Ländern Asiens haben wir in den letzten Jahren nicht gewonnen - wir fallen zunehmend zurück", so Oettinger.

Als Digitalkommissar wolle er auch von dem vom künftigen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigten 300-Mrd-Euro-Investitionspaket für die nächsten drei Jahre einen "nennenswerten Betrag" für seinen Bereich erhalten. Immerhin stelle der Sektor für Informations- und Kommunikationstechnologie zwar nur vier bis fünf Prozent direkt an Wertschöpfung, doch sei der "zentrale Nerv für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und des Mittelstands, von Dienstleistung und Handwerk und ist auch für Bildung verantwortlich. Wir müssen die Aufholjagd beginnen", formulierte Oettinger.

"Nicht mehr der Zentralcomputer, sondern die vernetzte Welt steht bevor"

Dazu brauche es auch eine "perfekte europäische Mannschaftsaufstellung", bediente sich der deutsche Kommissar der Fußballsprache. "Nicht mehr der Zentralcomputer, sondern die vernetzte Welt steht bevor". Eine Gefahr sieht Oettinger durch die "unglaubliche Kapitalkraft" der USA. "Wenn sie die wirtschaftlich zehn größten Adressen der USA addieren, ist deren Kapitalkraft so groß, dass sie 50 bis 80 der größten europäischen Unternehmen übernehmen können. Hier steckt im Grunde ein Gefahrenpotenzial, das man in keiner Form unterschätzen darf".

Wesentlich werde für Europa sein, mit der Aufholjagd die Wertschöpfung zu halten oder zurückzuholen, für die IT-Technologie und für die Wirtschaft insgesamt. Dabei gehe es "nicht um ein Strohfeuer für das Handwerk".

Zuversichtlich zeigte sich Oettinger, in den kommenden Monaten den Gesetzentwurf für ein neues Urheberrecht finden zu können, der die Balance zwischen der Leistbarkeit für die Konsumenten und der Abgeltung geistiger Leistungen wahre. Auch in den Fragen des Roamings und der Netzneutralität hoffe er auf eine Neuregelung noch heuer oder im Frühjahr des kommenden Jahres. Hier habe das Parlament die Marschrichtung vorgegeben: "Und Sie haben hier meine völlige Unterstützung." (APA, 29.9. 2014)