Neue Technologien zwingen so manche Unternehmenskultur zu massiven Veränderungen. Nicht alle wollen oder können da mit.

Foto: www.istockphoto.com / Photomorphic pte.ltd.

Bei der Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts bleibt für die Frage über das Gute oder Schlechte daran eigentlich überhaupt keine Zeit. Im ersten Schritt müssen irgendwie immer alle mit. Ein kollektives Trial-and-Error in den Organisationen ist die Folge und zeitigt Konsequenzen - für Mitarbeiter und Führungskräfte.

Die Frage, ob eine Kultur, eine Organisation und ihre "Bewohner" für die Möglichkeiten einer vermeintlich schönen neuen Arbeitswelt bereit sind, wird selten gestellt. Aber ohne die geringste Vorstellung, wie ein "neues Arbeiten" aussehen soll und was man überhaupt damit erreichen möchte, werden neue Arbeitskonzepte und Führungsmodelle nicht funktionieren.

Aufzuhalten ist die Bewegung zu zeitlich und örtlich flexibler Arbeit nicht, vor allem da jene vielzitierte selbstbewusste, selbstbestimmte und nach Selbstverwirklichung strebende Generation Y der "digital natives" genau diese Parameter zur Attraktivität eines Arbeitgebers zählt.

Im Jahr 2018 werden sie 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausmachen. Vielleicht haben sich die älteren Generationen X und Babyboom dann schon mehr an die Möglichkeiten der New World of Work gewöhnt. Worüber es sich auf dem Weg dorthin nachzudenken lohnt:

1. Flexible Arbeitsformen

Zeitlich und örtlich flexible Arbeitsweisen sind im Vormarsch, wobei diese Möglichkeit in Österreich noch nicht so verbreitet ist, wie man meinen möchte. In Großbritannien etwa bieten bereits mehr als 50 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern flexible Arbeitsformen an - in Österreich liegt dieser Anteil noch weit unter 20 Prozent, Tendenz steigend. Allgemein betrachtet, so sagt die Forschung, können sich diese Angebote positiv auf die Produktivität auswirken.

Die Forschung spricht hier von einer möglichen Produktivitätssteigerung zwischen fünf und fünfzehn Prozent. Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt zwischen zehn und 20 Prozent, die Krankenstände sinken um 20 bis 30 Prozent - allerdings auch jene mit eingerechnet, die mit Schnupfen, Husten und Fieber Homeoffice machen. Die freie Arbeitsplatzwahl kann sich in bestimmten Fällen auch leicht ins Gegenteil wenden.

Und: Es gibt auch Arbeiten, bei denen mobile Arbeitsweisen wenig sinnvoll bzw. gar nicht möglich sind. Zudem gibt es auch Mitarbeiter, die nicht gerne von zu Hause aus arbeiten (es sei denn im Notfall oder bei krankem Kind). Es geht darum, verschiedene Optionen anzubieten, die die Mitarbeiter nutzen können oder auch nicht.

2. Führen physisch nicht anwesender Teams

Örtlich und zeitlich flexible Anwesenheiten erfordern - bestenfalls schon im Vorfeld - ein Umdenken in der Führung. Es gilt sich von bestehenden Hierarchien zu lösen und wirklich auf die Arbeitsweisen der Mitarbeiter zu schauen, deren Bedürfnisse dementsprechend zu berücksichtigen. Es wird viel mehr in virtuellen Teams gearbeitet und zunehmend in unterschiedlichen Projekten.

Bei der "Arbeit auf Sicht" sind Abstimmung, Kommunikation und Austausch selbstverständlich - in der neuen Welt des Arbeitens nicht. Ablauforganisatorische Maßnahmen sind erfolgskritisch, sogenannte "rules of engagement" unerlässlich, nicht zuletzt auch weil genau abgestimmte Abwesenheiten oder Erreichbarkeiten nicht nur den Führungskräften, sondern vor allem den Mitarbeitern Sicherheit und Struktur geben. Ansonsten gerät die neue Arbeitsweise rasch "uferlos".

3. Büros den Anforderungen anpassen

Die allermeisten Büros sind danach ausgestattet, dass täglich am gleichen Platz gesessen und gearbeitet wird. Dieses Konzept hält den neuen Anforderungen nicht stand. Büros werden zunehmend zu Orten für Treffen, zur Abstimmung, zur Kommunikation. Büros kommt eine andere Rolle zu, zumal sich auch die Anzahl von Projekten weiter rasch erhöhen wird.

Es wird viel mehr und öfter abteilungsübergreifend an unterschiedlichen Aufgaben gearbeitet - das verlangt vom Büro vor allem eines: ausreichend Meetingräume. Laut Forschung verfügen 90 Prozent der Büros über zu geringe Flächenanteile für Meetings. Die betroffenen Mitarbeiter verbringen zu viel Zeit mit der Suche und Reservierungen von Meetingräumen - das führt zu einer deutlichen Reduktion der Produktivität und auch der Frustrationstoleranz.

4. Gesundheitsförderndes Umfeld

Die neue Welt des Arbeitens birgt zahlreiche Herausforderungen und auch Gefahren für Mitarbeiter und ihre Führungskräfte. Zwar steigen laut Angaben der Forschung die Einsatzbereitschaft und Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen an, was Letztgenannte nur freuen kann, allerdings wächst damit auch das Arbeitszeitvolumen und somit das Burnout-Risiko. Selbstmanagement und -kontrolle bei allen "Verführungen", die einem die Technik eben auch im Guten bieten kann, ist stets gefragt.

Aber auch Gesundheitsmediziner sind mit Konzepten für einen "gesundheitsfördernden Arbeitsplatz" immer gefragter. Zehn Stunden auf dem Schreibtischsessel hocken - davon kommt man langsam ab. Bewegungswechsel sollen nun auch im Büro gefördert werden - vom Schreib- zum Stehtisch zum Beispiel oder vom Drehsessel auf den Gymnastikball als alternative Sitzgelegenheit. Den Medizinern zufolge fördert das die Lern- sowie die Konzentrationsfähigkeit und somit auch die Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter.

5. Der Weg zum Ziel

Die Einführung neuer Arbeitsweisen funktioniert nur langsam, wie auch die Transformation einer Organisation nur sorgsam erfolgen kann - sonst sind Führungskräfte wie Mitarbeiter gleichsam überfordert. Alle Abteilungen sollten bestenfalls involviert sein und sich zunächst zwei essenzielle Fragen stellen: 1. Wie soll neues Arbeiten in unserem Betrieb aussehen? 2. Was wollen wir eigentlich damit erreichen? Erst danach sollte zu einer Umsetzung geschritten werden - schrittweise, also mit "Meilensteinen", die es zu erreichen gilt, samt Erfolgsmessungen. Führungskräfte sehen den Wunsch ihrer Mitarbeiter nach erhöhter Flexibilität deutlich und werden diesem auch verstärkt nachkommen müssen. Sie tragen die Verantwortung für die jeweils passenden Umfelder und müssen versuchen, Vertrauen und Kontrolle in einer gut organisierten Balance halten. (Aus unserem Jahresmagazin KARRIERENSTANDARDS 2014)