Madrid - Das aus der Wirtschaftskrise steuernde Spanien wird von einem neuen Finanzskandal heimgesucht. Eine Steueraffäre um die mit Milliardenhilfen vor der Pleite gerettete Großbank Bankia bringt Topmanager, aber auch die größten Parteien und Gewerkschaften des Euro-Landes zunehmend in Erklärungsnot. Die Zahl der im Zuge der Affäre von ihren Posten enthobenen oder zurückgetretenen Politiker und Gewerkschaftler kletterte am Samstag bereits auf acht.

Die neue Bankia-Führung hatte die zwischen 1999 und 2012 getätigten illegalen Zuwendungen bei einer internen Prüfung entdeckt und am Mittwoch veröffentlicht. 86 Manager und auch Aufsichtsratsmitglieder sollen mit Firmenkarten unter anderem Restaurantbesuche, Kleidung und Reisen bezahlt, aber auch Bargeld abgehoben haben.

Schwarze Firmenkarten

Bei einigen Aufsichtsratsmitgliedern sammelten sich so den Berichten zufolge Summen von knapp einer halben Million an. Die Transaktionen seien als "Fehler des Informatiksystems" abgebucht worden, berichteten Medien unter Berufung auf den Bankbericht.

Dutzende ranghöchste Manager von Bankia und des Vorgängerinstituts Caja Madrid sowie auch zahlreiche Angehörige des Aufsichtsrats des Geldhauses, darunter bekannte Politiker und Gewerkschaftler, sollen in den vergangenen Jahren über "schwarze Firmenkarten" Zuwendungen in Höhe von insgesamt 15,25 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust haben.

De Guindos dreht es Magen um

Auch Madrids Bürgermeisterin Ana Botella habe nun einen ranghohen Mitarbeiter vor die Tür gesetzt, berichtete am Samstag die Nachrichtenagentur efe unter Berufung auf einen Hauptstadt-Sprecher. Am Freitagabend hatte das Finanzministerium die Einleitung von Ermittlungen über Schwarzzahlungen per Firmenkarten in allen großen Unternehmen bekannt gegeben. Auch die Justiz nahm Untersuchungen auf.

Wirtschaftsminister Luis de Guindos verriet, es würden auch rund 20 Fälle von möglichen Unregelmäßigkeiten bei anderen der mit mehr als 40 Milliarden Euro geretteten Finanzinstituten untersucht. "Ich bin der erste, dem sich der Magen umdreht", sagte er. Die Praktik der "schwarzen Firmenkarten" sei illegal. Angesichts des "vielen Geldes", das in die Banken gespritzt worden sei, verstehe er die Empörung der Spanier nur zu gut. Die konservative Regierung sei ob der Folgen sehr besorgt, schrieb am Samstag die Zeitung "El País".

Bankia wurde nach dem Einbruch des Immobilienmarktes zum Inbegriff der spanischen Bankenkrise. Die Ende 2010 durch die Fusion von sieben angeschlagenen Finanzinstituten ins Leben gerufene und im Mai 2012 verstaatlichte Bank hatte 2012 inmitten von Skandalen einen Rekordverlust von 19 Milliarden Euro erlitten. Der Beinahe-Zusammenbruch der Bankia-Gruppe war mit dafür verantwortlich, dass Spanien ein Rettungspaket für die Banken im Umfang von 41 Milliarden Euro beantragte. Davon bekam alleine Bankia 22 Milliarden. (APA, 4.10.2014)