Sieglinde Eugenie Kathrein und Evelyn Appinger launchten vor kurzem ihre Onlineplattform. Sie wollen Handwerk und Nation Branding in Österreich zusammenbringen und später auch einen Webshop starten.

Foto: http://www.fuergestaltung.at

Porzellan lässt sich bei der Verarbeitung ein bisschen bitten, es ist tückisch und sensibel. Matratzen hingegen lassen sich gut füllen - mit Naturlatex oder Kokosfaser etwa. Und ein Onlinekonfigurator erstellt den perfekten Maßski virtuell, bevor eine Fräse den passenden Holzkern und Belag zuschneidet. Drei Handwerke mit jeweils eigenen Charaktereigenschaften, die nichts miteinander zu tun haben und die doch etwas verbindet: sie sind Kulturgut mit Menschen dahinter, die nicht zuletzt auch etwas verdienen wollen. Handwerk klingt zwar romantisch, ist aber vor allem ein Brotberuf, wenn auch nicht immer einer, der unbedingt im ersten Bildungsweg eingeschlagen wird.

Eine neue Online-Plattform namens "Manufaktur-Lab" will das Handwerk am Land und in der Stadt sichtbar machen und innovative Manufakturen und Betriebe überregional vernetzen. Alles ganz abseits jeglicher Nostalgie.

Dachplattform für Netzwerke

"Wir wollen die in ganz Österreich verstreuten Handwerksbetriebe erfassen, Informationen bündeln und für sie als Werbeträger und Berater fungieren", erläutert Sieglinde Eugenie Kathrein, die die Plattform gemeinsam mit Evelyn Appinger gegründet hat. Das Ziel: Konsumenten, Produzenten und bereits bestehende kleine Netzwerke sollen sich miteinander austauschen können, mit "Manufaktur Lab" als eine Art Dachplattform.

Dabei soll sich ein bunter Mix verschiedener Handwerker ergeben: Ein Maßskihersteller, ein Restaurator und eine Goldschmiedin sind etwa auf Website präsent. Sie erhalten unterschiedlichste handwerkliche Traditionen und das Wissen, das dahinter steckt, am Leben. Über die Grenzen hinweg wollen die Plattformgründerinnen Nation Branding und österreichisches Handwerk zusammen bringen: Österreich wird eher als Tourismusland wahrgenommen, nicht als Synonym für Tradition und Handwerk.

Maßskier werden bei "Ünique Skis" in Wien hergestellt.
Foto: Ünique Skis

Wissensmanagement, Vernetzung und Nation Branding

Einer der ersten, der sich auf der Plattform vorstellte, ist Joachim Regensburger vom Ötztaler Schafwollzentrum. Für ihn ist vor allem der Erhalt des Know Hows kleiner Handwerksbetriebe wichtig: "Ich erwarte mir von der Plattform neben Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung mit Gleichgesinnten daher auch Wissensmanagement." Für Anselm Schwade mit seiner Wiener Matratzen- und Liegesysteme-Manufaktur "guut - das Bett" ist die Plattform vor allem ein willkommenes, kreatives Netzwerk mit befreundeten Manufakturen: "Es gibt zwar bestehende Netzwerke von den Innungen, aber die sind eher im ländlichen Bereich präsent und mir persönlich etwas zu konservativ."

Momentan ist Kathrein gerade im Gespräch mit einem Schlosser, der seine marketingtechnische Positionierung überdenken will. Andere Handwerksbetriebe wie Installateure, Elektriker oder Tischler sollen im Portfolio folgen.

Maßarbeit in der Matratzenmanufaktur "guut - das Bett".
Foto: guut – das bett

Lehrberuf wieder aufwerten und Nation Branding

Damit das Netzwerk immer größer wird, soll auch für Nachwuchs gesorgt sein: Kathrein und ihre Gründungspartnerin Appinger fühlen sich einer Art Bildungsauftrag verpflichtet: Für die Jungen soll Handwerk wieder attraktiver werden, nachdem Lehrberufe lange Zeit ein schlechtes Image hatten. "Wir beobachten, dass sich viele Kleinstbetriebe Lehrlinge aus Zeitgründen nicht leisten können." Hier wollen die beiden gemeinsam mit öffentlichen Institutionen Lösungen finden.

Im Ötztaler Schafwollzentrum wird Wolle verarbeitet.
Foto: Ötztaler Schafwollzentrum

Momentan ist die Plattform noch in der ersten Phase Netzwerkpartner und finanzielle Partner zu finden. Ab kommendem Jahr sollen noch mehr politische und öffentliche Partner wie Ministerien oder das AMS mit ins Boot geholt werden. Angedacht ist später auch ein Webshop, über den die Handwerksprodukte vertrieben werden können. (Marietta Adenberger, derStandard.at, 23.10.2014)