Die Reaktion der österreichischen Universitätsverantwortlichen auf das jüngste Times Higher Education World University Ranking war wenig überraschend: Einstimmig wurde mehr Geld für ihre Einrichtungen gefordert. Die Annahme, dass damit ein erfolgreiches Abschneiden im internationalen Vergleich erkauft werden könne, gilt als gesichert.

Aber ist eine zusätzliche Finanzspritze für die Universitäten wirklich nur positiv zu sehen? Gesetzt den Fall, dass es neben einer unzulänglichen finanziellen Ausstattung auch eine Mentalität und Strukturen an den heimischen Hochschulen gibt, die für eine bessere Performance hinderlich sind: Würden diese Mängel durch mehr Geld nicht einfach konserviert?

Ein wichtiger Parameter beim erwähnten Ranking war die Internationalisierung. Und damit sieht es an den österreichischen Universitäten sehr schlecht aus, ohne dass sie viel mit deren finanzieller Ausstattung zu tun hätte.

Internationalisierung kann unter anderem an der kulturellen und ethnischen Diversity ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgelesen werden. Wie wichtig eine solche für Problemlösungen und damit auch für einen innovativen Zugang zu Forschungsfragen ist, hat nicht zuletzt David Halberstam in seinem 1972 erschienenen Buch The Best and the Brightest beschrieben. Darin ist er der Frage nachgegangen, warum US-Präsident John F. Kennedy, der einen Beraterstab aus intellektuell brillanten jungen Leuten um sich versammelt hatte, so tölpelhaft in den Vietnamkrieg stolpern konnte. Halberstams Begründung lautet, dass diese Berater lediglich weiße Amerikaner gewesen seien und eine weitgehend einheitliche - falsche - Bewertung der Kriegsgefahren vorgelegt hätten. Wären auch Personen asiatischer Abstammung unter ihnen gewesen, wären wohl auch andere Risikoszenarien berücksichtigt worden.

Ethnische und kulturelle Diversität gilt exzellenten Universitäten als unabdingbar. Wesentlich anders sieht es an den österreichischen Hochschulen aus, wo ganze Institute aus Mitarbeitern des Bundeslandes bestehen, in dem sich die Hochschule befindet.

Dabei könnten die Universitäten schnell und effektiv Abhilfe schaffen, beispielsweise bei der Anstellung wissenschaftlichen Personals. Zwar gibt es öffentliche Jobausschreibungen. Aber abgesehen von der Bestellung ordentlicher Professuren steht in den allermeisten Fällen schon im Vorhinein ein Hauskandidat fest. Das heißt, dass sich die Universitäten aus sich selbst heraus rekrutieren. Für ausländische Forscher ist es dadurch fast unmöglich, den provinziellen Schutzwall an den heimischen Universitäten zu durchbrechen.

Internationalität wird auch durch Auslandsaufenthalte erreicht, und die Universitäten werben auch für sie. Die tatsächliche Universitätspolitik entspricht allerdings nicht immer den öffentlichen Bekundungen. Als ich vor einigen Jahren eine Teilanstellung erhielt, wurde mir ein Lehr- und Forschungsjahr an einer ausländischen Universität mit der Begründung nicht angerechnet, dass ich "nicht hier (in Graz) gewesen sei".

Selbstabschottung

Diese Selbstabschottung nach außen hat weitreichende Auswirkungen. Sie zeigt sich unter anderem in der Art und Weise, wie veröffentlicht wird. Zwar muss man nicht unbedingt an einer amerikanischen Universität gewesen sein, um zu wissen, dass viele der dortigen Wissenschafter die Devise "publish or perish" verinnerlicht haben. Vernünftigerweise gibt es bei uns einen weitgehenden Konsens, dass die Performance von Forschern nicht allein daran gemessen werden soll. Aber ob das genaue Gegenteil davon richtig ist, kann ebenfalls bezweifelt werden.

Einfach warten

Es wurde mir jedenfalls in den frühen Jahren meiner wissenschaftlichen Arbeit von einem meiner Mentoren empfohlen: Als ich ihn nach der Veröffentlichung meiner zweiten Monografie fragte, was ich unternehmen solle, um neben Büchern auch Artikel zu publizieren, sagte er: gar nichts. Sie, die Herausgeber von Zeitschriften, würden sich bei mir schon melden.

International gesehen wird man neben Monografien, die einen wissenschaftlichen Diskurs begründen oder beleben, zuvorderst an Beiträgen in englischsprachigen Peer-Review-Zeitschriften gemessen. Das mag gut oder schlecht sein, aber so ist es.

Trotzdem gibt es an den österreichischen Universitäten zumindest unter den Geisteswissenschaften kein Klima, in dem das Bemühen um solche Publikationen gefördert und auch honoriert würde. Noch nie habe ich gehört, dass eine Veröffentlichung in einem englischsprachigen Peer-Review-Journal für den Erhalt einer Anstellung auch nur die geringste Rolle gespielt hätte. (Welche anderen Kriterien ausschlaggebend sind, ist selbst bei intensiven Nachforschungen nicht in Erfahrung zu bringen. Auf diesem Gebiet herrscht vollständige Intransparenz.)

Kein Allheilmittel

Das alles heißt nicht, dass es um die österreichischen Universitäten schlecht bestellt sei. Es gibt viele Mitarbeiter, die sich von leistungsfeindlichen Verhältnissen nicht entmutigen lassen. Ob zusätzliches Geld für die Universitäten die angesprochenen Mängel beheben kann, ist allerdings zweifelhaft. (Klaus Hödl, DER STANDARD, 14.10.2014)