"Ingenieur Peter Westenthaler täuscht alle", ist sich die Staatsanwältin sicher. Sie wirft dem Ex-Politiker und Ex-Bundesliga-Vorstand schweren Betrug und Beteiligung am Tatbestand der Untreue vor.

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Wien - Es will einfach nicht klappen. Peter Westenthaler steht im Verhandlungssaal 106 des Wiener Straflandesgerichts und versucht den Beamer, den er für seine Powerpoint-Präsentation vorbereitet hat, gerade zu rücken. Aber das Bild bleibt zunächst schief.

Etwa eine Stunde zuvor hat Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber ihren großen Auftritt. Sie erhebt den Vorwurf des schweren Betrugs (Causa Bundesliga) und der Beteiligung am Tatbestand der Untreue (Causa Lotterien / Werbeagentur Orange) gegen den Ex-Politiker und stellt gekonnt dar, wie aus Sicht der Anklage alles gelaufen sein soll. Die Eckpunkte, kurz gefasst:

Im Grunde ist das Verfahren gegen Westenthaler nicht eines, sondern zwei. Einerseits geht es um 300.000 Euro, die die Österreichischen Lotterien im Herbst 2006 an die früher BZÖ-eigene Werbeagentur Orange für ein laut Anklage de facto wertloses Gutachten zum Thema "Glücksspiel und Responsible Gaming" gezahlt haben sollen. Die Staatsanwältin stellt das in einen Zusammenhang mit dem im Juli 2006 geplanten "überfallsartigen Gesetzesantrag", den Lotterien-Konkurrent Novomatic zur Aufweichung des Glücksspielmonopols "gepusht" habe. Und der dann so auch nicht kam. Schreibers Version des weiteren Prozedere: Westenthaler habe - in Abstimmung mit dem mitangeklagten, aber krankheitsbedingt abwesenden Ex-Casinos-Austria-Chef Leo Wallner - seinem Mitarbeiter Kurt Lukasek den Auftrag erteilt: "Du, ich brauch übers Wochenende ein Gutachten zum Thema Responsible Gaming."

Doch, so Schreiber: "Lukasek war nicht begeistert, denn der hat nämlich gar nicht gewusst, was Responsible Gaming ist." Der zweite Vorwurf richtet sich an Westenthaler, den Ex-Fußball-Bundesliga-Vorstand. Als solcher habe er gemeinsam mit dem mitangeklagten damaligen Co-Vorstand Thomas Korhoff eine vom Nationalrat beschlossene Fördermillion für den Fußballnachwuchs widmungswidrig verwendet. Das heißt: Statt den Vereinen ihren finanziellen Mehraufwand für die Nachwuchsförderung abzugelten, hätten die beiden das Geld in die Schuldentilgung gesteckt, die die Bundesliga für den insolventen Verein FC Tirol übernehmen musste. Was sich laut Staatsanwältin danach abspielt, als Westenthaler sich als Vergleichsverhandler anbietet: "Ingenieur Peter Westenthaler war als Bundesliga-Vorstand höchst umstritten. Ingenieur Peter Westenthaler braucht dringend ein Erfolgserlebnis. Ingenieur Peter Westenthaler beschließt, die Vereine werden das Geld nie sehen. Ingenieur Peter Westenthaler täuscht alle."

Entlastungszeuge Peter Pilz

Da täuscht sich die Staatsanwältin, ist sich Verteidiger Thomas Kralik sicher. Sein Hauptargument: Die erste Geldtranche aus der Nachwuchsförderung sei zeitlich erst nach dem Fälligwerden der Schuldentilgung geflossen ("Da muss er ein komplett Irrer sein"). Kraliks Hauptentlastungszeuge in der Causa Lotterien: der Grüne Peter Pilz. Selbst der schreibe auf seiner Website vom "Glücksspielkauf im ÖVP-Klub".

Nach den Anwälten versucht nun Westenthaler selbst, das gezeichnete Bild wieder geradezurücken. Er erwähnt ein Fax an Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ("Lieber Freund, hilf mir!"), erklärt zum Leidwesen der Schriftführerin ("Der muss einmal Luft holen") im Stakkato seine Sicht der Dinge und handelt sich diverse Ermahnungen ein, weniger mit den Journalisten hinter als mit dem Schöffengericht vor ihm zu reden. Als auch noch der eigene Anwalt reinmotzt, wird es Westenthaler zu viel: "Thomas, darf ich reden? Es ist sehr störend." Aber die Beamerprojektion ist jetzt ganz gerade. (Karin Riss, DER STANDARD, 18.10.2014)