Wien - Ein global wachsender Zugang zu Strom hat nur wenig Einfluss auf den Klimawandel. Das zeigten Wissenschafter des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien in einer im Fachjournal "Nature Climate Change" veröffentlichten Studie. Das Ergebnis könnte in der Diskussion über Auswirkungen der Entwicklung auf das Klima relevant sein.

Laut einem im Vorjahr veröffentlichten Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Weltbank hatten in den letzten 20 Jahren 1,7 Mrd. Menschen erstmals Zugang zu elektrischem Strom erhalten. Da allerdings im gleichen Zeitraum die Weltbevölkerung um 1,6 Mrd. Menschen zunahm, ist der proportionale Zuwachs begrenzt. Etwa 1,2 Mrd. Menschen haben immer noch keinen Zugang zu Strom.

Musterbeispiel Indien

Während eine bessere Versorgung mit elektrischer Energie als wichtiges Entwicklungsziel gilt, waren die klimatischen Auswirkungen einer solchen Ausweitung bisher unklar. Die IIASA-Wissenschafter haben nach eigenen Angaben erstmals die Konsequenzen einer verbesserten Stromversorgung für die CO2-Emissionen eines Landes untersucht, und zwar anhand der Entwicklung in Indien.

Obwohl in Indien nach wie vor 400 Mio. Menschen keinen Zugang zu Elektrizität haben, hat sich die Situation in den vergangenen drei Jahrzehnten massiv verbessert: 1981 hatten erst 25 Prozent der Haushalte Zugang zu Strom, 2011 waren es bereits 67 bis 74 Prozent.

Dieser Zuwachs habe aber nur zu rund drei bis vier Prozent (etwa 50 Mio. Tonnen CO2) des Anstiegs der Kohlendioxid-Emissionen des Landes geführt. "Die Klimaauswirkungen des erweiterten Zugangs zu Elektrizität sind also sehr klein", so Shonali Pachauri vom IIASA in einer Aussendung des Instituts.

Höheres Konsumverhalten berücksichtigt

Die Forscherin will auch berücksichtigt haben, dass Elektrifizierung zu mehr Wohlstand und höherem Konsumverhalten und damit zu erhöhten CO2-Emissionen durch indirekten Energiekonsum führt. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren habe die zunehmende Versorgung indischer Haushalte mit Strom zu elf bis 25 Prozent (156-363 Mio. Tonnen CO2) des Emissions-Anstiegs Indiens beigetragen.

Die Wissenschafter sind überzeugt, dass die Studienergebnisse auf zahlreiche andere Länder übertragbar sind. Ungeachtet der verhältnismäßig geringen Klimaauswirkungen weisen sie darauf hin, dass erneuerbare Energiequellen zusätzliche Vorteile hätten und deshalb gefördert werden sollten. (APA/red, derStandard.at, 26.10.2014)