In der Justizanstalt Graz-Karlau sollen Psychologinnen sexuell belästigt, bedrängt und beschimpft worden sein.

Foto: Robert Newald

Graz/Wien - Zwei Psychologinnen der Justizanstalt Graz-Karlau erheben schwere Vorwürfe gegen einen Anstaltspsychologen. Er habe sie sexuell belästigt und bedrängt sowie Insassen respektlos und desinteressiert behandelt. Das berichtet die Zeitung "Falter" in der aktuellen Ausgabe. Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, bestätigte, dass dazu Strafverfahren laufen.

Der Psychologe soll laut dem Zeitungsbericht, der sich auf "interne Akten" des Justizministeriums stützt, eine Mitarbeiterin im Schritt angefasst und sich angesichts ihrer Abwehr beschwert haben: "Was soll ich nun mit meiner Geilheit tun?" In einem zweiten Fall soll er nach der Brust einer Mitarbeiterin gegriffen haben. Außerdem soll sich der Psychologe manchmal leicht bekleidet im Vorraum des gemeinsamen Büros aufgehalten haben, wissend, dass der Raum oft betreten würde.

Vorwurf der fahrlässigen Tötung

Damit nicht genug: Gegen jenen Psychologen wird auch in einem anderen Fall ermittelt, wie Bacher bestätigt. Dabei geht es um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Ein Insasse der Justizanstalt Karlau nahm sich in einer Einzelzelle das Leben. Das Verfahren soll laut Bacher klären, ob der Inhaftierte "trotz Kenntnis von Selbstmordgefahr in eine Einzelzelle gekommen" ist. Auch gegen einen Psychiater wird ermittelt. Derzeit wird laut Bacher der kriminalpolizeiliche Abschlussbericht dazu von der Staatsanwaltschaft geprüft. Im Fall der sexuellen Belästigung liege dieser noch nicht vor.

Die Ermittlungen wegen sexueller Belästigung gegen den Psychologen soll der frühere Chef desselben mit einer Anzeige ins Rollen gebracht haben. Der Beschuldigte soll es dann so dargestellt haben, dass die Frauen freiwillig mit ihm "geschmust" hätten. Er sei ein Mobbingopfer. Detailfragen habe der Betreffende dem "Falter" mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht beantwortet.

Keine Suspendierung

Der Beschuldigte wurde in ein anderes Gefängnis versetzt. Eine Suspendierung ist laut Christian Timm von der Vollzugsdirektion rechtlich nicht möglich. Etwaige weitere Schritte wollte Timm mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht nennen.

Ein Verfahren disziplinarrechtlicher Natur gab es offenbar auch gegen den früheren Chef des Beschuldigten selbst. Unter anderem, da er versucht habe, eine Psychologin zum gemeinsamen Saunabesuch zu drängen, und sie als "Luder" und "dreckig" beschimpft habe, als sie ablehnte. Er soll auch Briefe von Sexualstraftätern laut vorgelesen haben, in denen diese sexuelle Fantasien mit der Frau auslebten.

Im Jahr 2011 sprach der Disziplinarrat den Mann laut "Falter" "nur in einigen Vorwürfen schuldig". Die Disziplinaroberkommission habe dann eine "nicht zu bagatellisierende Dienstpflichtverletzung" festgestellt und 300 Euro Strafe verhängt. Gegen den Bediensteten laufen aktuell laut Vollzugsdirektionssprecher keine Verfahren mehr. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 22.10.2014)