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Peter Haunold beriet Karl-Heinz Grasser in Stiftungs-, Steuer- und "Struktur"-Fragen. Nun muss er sich gegen Grassers Klage wehren.

APA/HERBERT NEUBAUER

Wien - Karl-Heinz Grassers Anziehungskraft hat nachgelassen. Der zweite Einvernahmetag im Schadenersatzprozess, den der frühere Finanzminister gegen seine ehemaligen Steuerberater Peter Haunold und Deloitte am Wiener Handelsgericht anstrengt, fand jedenfalls fast ohne Gerichtskiebitze statt. Auf der Tagesordnung stand die Einvernahme Peter Haunolds.

Ihm wirft Grasser vor, ihn bei seiner Stiftungskonstruktion (der "Struktur") falsch beraten zu haben. Er habe sich voll auf Haunold verlassen, sich bei diesen Dingen gar nicht ausgekannt. "Ich hatte kein Fachwissen zur Struktur", wurde Grasser auch am Dienstag nicht müde zu betonen.

Als Beispiel diente ihm die SMW OG. Diese zur "Struktur" gehörende Gesellschaft hat die Liegenschaft in Maria Wörth gekauft, die ans Grundstück von Grassers Eltern angrenzt. Grasser war aber nur "Gründungshelfer" und durfte in der SMW nichts mitreden - alles andere hätte die steuerschonende Wirkung zerstört. (Ob sich Grasser auch wirklich rausgehalten hat, ist umstritten.) In seiner ersten Beschuldigteneinvernahme im Steuerstrafverfahren (die Justiz ermittelt auch gegen Haunold; es gilt die Unschuldsvermutung) hatte er noch "geglaubt, die SMW gehöre ihm zu 99 Prozent". Erst nach Rücksprache mit Haunold habe er die Fakten gekannt, so Grasser. Er sei weder beteiligt noch vertretungsbefugt gewesen, habe aber persönlich gehaftet. Mit diesem "Irrtum" untermauert der Exfinanzminister seine Argumentationslinie: "Ich wusste, dass ich eine Rolle spiele bei der SMW. Aber ich wusste nicht, ob ich beteiligt bin."

Geht es nach Haunold, wusste Grasser aber viel mehr, und bestimmte die Konstruktionsarbeiten rund um "seine" Stiftung durchaus mit. Tenor der Klagsabwehrstrategie: Grasser habe eigenmächtig Veränderungen vorgenommen, sei also selbst an den Folgen (drohende Steuernachzahlung und Strafverfahren) schuld.

Risiko gegen Diskretion

Ab zehn Uhr Vormittag saß Haunold "in der Mitte", wie Richter Manuel Friedrichkeit Sessel und Tisch für die Aussagenden nennt - und ging Gesellschaft für Gesellschaft, Baustein für Baustein des Konstrukts rund um die liechtensteinische Waterland Stiftung durch.

Und gab mitunter ganz andere Darstellungen wieder als Grasser. Er habe, so Haunold, den Expolitiker durchaus auf das steuerliche Risiko der Liechtenstein-Konstruktion hingewiesen; wegen der größeren Diskretion habe sich Grasser dann aber gegen eine österreichische und für die (intransparente) liechtensteinische Stiftung entschieden. Die freilich voraussetzt, dass man sich des Stiftungsvermögens völlig "begibt" - Grasser habe das in Kauf genommen. Allerdings habe Grasser Änderungen durchgesetzt, zum Beispiel den Zeitpunkt, zu dem er als Begünstigter Geld entnehmen könne (mit 50 statt 60 Jahren).

Die Waterland-Stiftung habe Grasser treuhändig für seine Ehefrau Fiona gegründet, erzählte Haunold - er selbst habe davon aber erst im Nachhinein erfahren. Grasser erinnert sich anders, er sagt, Haunold habe von vornherein davon gewusst. Auch Grassers Beteuerungen, er habe alle Aktivitäten seinem Berater Haunold überlassen, fügte der Beklagte einen heftigen Knick zu.

Aus dem Vertragsentwurf für die millionenschweren Vertriebsprovisionen habe Grasser nämlich selbst jeden Verweis entfernt, der Rückschlüsse auf ihn zugelassen hätte. Die Vertriebsprovisionen (mehr als vier Mio. Euro) machen Grasser heute sehr zu schaffen.

Haunold gab, ganz diskret und doch sehr bewusst, auch ein wenig Einblick in die Welt von Grasser, kurz nach seinem Ausscheiden aus der Politik. Nach einem Treffen mit den zwei liechtensteinischen Stiftungsräten im Wiener Grand Hotel im Mai 2007 habe man alles für die Stiftungsgründung in die Wege geleitet und Grassers Pass kopiert, so Haunold. Seinen Diplomatenpass, notabene.

Finanz schwenkte um

Dass die Finanz das Grasser-Hanoldsche Konstrukt nun auseinandernimmt und beide Protagonisten verfolgt, das hat freilich auch Haunold erstaunt, wie er, logischerweise, erzählt. Im Mai 2009 hat Grasser die Struktur der Finanz offengelegt. Und die erkannte sie (anders als jetzt) als "intransparente Stiftung" an. Haunold erinnert sich, wie er Grasser (als Finanzminister prägte er den Slogan "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget") davon informierte: "Ein guter Tag beginnt mit einer steuerlich anerkannten Stiftung."(Renate Graber, DER STANDARD, 22.10.2014)