Ein gutes Jahr vor zwei wichtigen Wahlen im Iran sind bis heute alle Versuche der konservativen Opposition, eine einheitliche Front zu bilden, fehlgeschlagen. In zwei lange vorbereiteten Konferenzen sollte ein neues Strategiepapier fertiggestellt und die Kluft zwischen den verschiedenen konservativen Kräften überwunden werden. Es war ein Fehlstart ohnegleichen. Die meisten namhaften Konservativen blieben fern und waren nicht bereit, sich mit dem alten Kader der früheren Regierung an einen Tisch zu setzen. Sie machen kein Hehl daraus, dass sie sich zur Politik von Präsident Hassan Rohani hingezogen fühlen.

Rafsanjani könnte wieder an die Spitze

Im Winter 2015/2016 stehen neben den Parlamentswahlen auch die Wahlen zur Neuzusammensetzung des Expertenrats bevor. Ein Mann steht wieder im Mittelpunkt des Interesses: Expräsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, der bis 2011 an der Spitze des Rats stand. Die Ultrakonservativen haben ihn als denjenigen ausgemacht, der die gemäßigten konservativen Kräfte im Iran um sich gesammelt und ermuntert hat, Hassan Rohani zu unterstützen.

Ein wichtiger Pfeiler der Konservativen, Ayatollah Mohammed Reza Mahdavi-Kani, Chef des Expertenrats nach Rafsanjani, verstarb am Dienstag nach langer Krankheit. Die Ultrakonservativen haben die Befürchtung, dass nun Rafsanjani wieder an die Spitze kommen könnte.

Der Expertenrat ist deshalb so wichtig, weil ihm die Aufgabe zukommt, beim Tod des religiösen Führers dessen Nachfolger zu wählen. Seit Monaten wird im Iran hinter vorgehaltener Hand darüber diskutiert und verschiedene Varianten einer neuen Führung durchgedacht.

Ob wie bisher, die Macht in einer Person, oder vielleicht in einem Gremium konzentriert sein soll, ist eine Frage, die wahrscheinlich der Expertenrat in den kommenden Jahren zu beantworten hat. Rafsanjani wird zugetraut, dass er, wie bei der Wahl Ali Khameneis vor 25 Jahren, eine große Rolle spielen kann. Damals setzte er gegen viele Bedenken Khamenei als Nachfolger Ayatollah Khomeinis durch.

Gegen die "Unmoral"

Ihre Schwäche hindert die Ultrakonserativen aber nicht daran, im Parlament einen Feldzug gegen die Verwestlichung der Gesellschaft und "Unmoral" zu führen. Satellitenempfänger sollen verboten und die islamischen Vorschriften bei Frauen und Jugendlichen strenger durchgesetzt werden. Das ermutigt Extremisten: In Isfahan gibt es derzeit eine Welle von Säureattacken gegen Frauen, die ihr Haar "schlecht" bedecken. (Amir Loghmany aus Teheran, DER STANDARD, 23.10.2014)