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Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek droht ein Preis: der Big-Brother-Award für zu große Datenneugier in den Schulen.

Foto: APA / Hans Klaus Techt

Wien - Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat gute Chancen, einen Preis verliehen zu bekommen. Die Freude darüber dürfte allerdings begrenzt sein, denn bei den Big-Brother-Awards (BBA) handelt es sich um einen Negativpreis im Bereich Datenschutz. "Big Brother is watching us" muss in Heinisch-Hoseks Fall aus BBA-Sicht "Big Brother ist watching our children" heißen.

Denn Heinisch-Hosek ist in der Kategorie "Behörden und Verwaltung" stellvertretend für das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Bildungswesens (Bifie) nominiert – neben der Staatsanwaltschaft Wien und der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK). Gekürt werden die Preisträger am Samstagabend im Rahmen einer Gala im Wiener Rabenhof-Theater. Das Motto der Veranstaltung lautet "Keine Macht Spionen".

Kampf gegen den "gläsernen Menschen"

Die BBA werden in Österreich seit 1999 von einer unabhängigen Jury verliehen, auch in mehreren anderen Ländern zeichnen die Stifter dieses Preises Personen, Behörden, Firmen sowie nationale und internationale Organisationen aus, die die "übelsten Datenschutzverletzungen" begangen haben und der Privatsphäre schaden durch den Missbrauch persönlicher Daten: "Jene Behörden, Personen und Organisationen werden beim Namen genannt, die zu unserer Zukunft als gläserne Menschen beitragen."

Das Bifie bzw. die politisch Verantwortliche dafür, Ministerin Heinisch-Hosek, ist unter dem Titel "Kindesmund tut Wahrheit kund" wegen des "massiven Datenskandals" im Dezember 2013 unter den BBA-Kandidaten. Auf einem rumänischen Server waren damals angeblich ungeschützte Ergebnisse von informellen Schülertests deponiert.

"Kindermund" ausfragen

Daneben stoßen sich die Datenschützer vor allem daran, dass "von Kindeshand auch Informationen über die privaten Verhältnisse zu Hause erfragt" werden. In zum Teil sehr persönlichen Fragen würden die Kinder im Rahmen der Schule "über die Verhältnisse zu Hause und ihre Herkunft ausgefragt", heißt es im Nominierungstext.

So würden der Geburtsort der Kinder und ihrer Eltern, die jeweilige Muttersprache, aber auch der Beziehungsstand der Eltern, deren Schulbildung "und ob neben Mutter und Vater noch andere Bezugspersonen existieren und das Kind gar in mehreren Familien zu Hause ist" erhoben. Dass zusätzlich auch Fragen nach Kinobesuchen mit Eltern oder Freunden, Sozialkontakte und die Zufriedenheit mit der Schulklasse erfragt würden, kritisieren die BBA-Initiatoren als unzulässige Einmischung in die Privatsphäre der Familien: "Volksschulkinder können die Tragweite ihrer Antworten nicht abschätzen."

Die Forderung lautet also: "Kinder sollten nicht angestiftet und gezwungen werden, Daten über das Elternhaus preiszugeben. Keine Macht den Spionen."

Facebook, Google und ELGA nominiert

Weitere Kategorien für die Big-Brother-Awards und die Nominierten sind "Kommunikation und Marketing" (Weißer Ring, Wiener Volkshochschulen, LG Electronics), "Business und Finanzen" (E-Control, Universität Salzburg, VAP), Politik (EU-Kommission, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Justizminister Wolfgang Brandstetter) und "Weltweiter Datenhunger" (Facebook, Google, Mozilla Foundation).

Außerdem können Bürgerinnen und Bürger auf der BBA-Homepage bei der "People's Choice" ihre Wahl für die Datenräuber 2014 treffen. Auch hier findet sich übrigens das Bifie wegen der Datenleck-Affäre auf der Liste neben der Vorratsdatenspeicherung und ELGA. (nim, derStandard.at, 24.10.2014)