Objekte von Rachel Harrison in der von ihr und Liam Gillick gestalteten Ausstellung in der Galerie Meyer Kainer (links).

Foto: Karl Kühn

"Sleepless Nights" heißt die Schau in der Galerie Winter, in der auch eine fast hypnotische Pendelarbeit zu sehen ist.

Foto: Karl Kühn

Eigentlich sind im Rahmen von curated by_vienna ja internationale Kuratorinnen und Kuratoren gefragt. Im Falle der nach einer Schlafwagengesellschaft benannten Ausstellung International Company of Wagons Lit etc. etc. in der Galerie Meyer Kainer hat man mit Rachel Harrison und Liam Gillick allerdings zwei renommierte Kunstschaffende eingeladen, auch ihre eigene Ausstellung zu gestalten.

Liam Gillick erklärt diese Vorgehensweise durchaus stichhaltig: "Wenn ein Künstler eine Ausstellung macht, ist er ohnehin immer ein Kurator" - auch ihn habe schließlich immer mehr das Gesamtkonzept interessiert als das einzelne Kunstobjekt. Kein Wunder also, dass sich die beiden dann auch nicht ganz streng an das Thema hielten, das die Architekturtheoretikerin Beatriz Colomina 2014 als Motto ausgegeben hat.

Anstatt das Bett ins Zentrum zu rücken, war das sogenannte Murphy Bed einer der (nicht ganz unironischen) Angelpunkte, der es ihnen erlaubte, viel abstraktere Raumfragen zu stellen. Denn die Haupteigenschaft des nach ihrem Erfinder William Lawrence Murphy benannten Klappbettes war es, Platz zu sparen und vollständig in der Wand zu verschwinden. Gillick und Harrison nehmen in ihren jeweiligen Arbeiten nun insofern darauf Bezug, als dass der Präsentation im Ausstellungsraum etwas sehr Flüchtiges, Zurückgenommenes anhaftet.

Da sind zum einen die Skulpturen von Harrison, die farbige Nylonfäden auf eine Weise um die für sie typischen, unförmigen "Sockel" gespannt hat, dass sich geometrische Räume auffalten. Und im Türstock zum Hauptraum präsentiert Liam Gillick eine textbasierte Projektion: Darin wird mit der Positionierung des Künstlers in einer produktorientierten Welt allerdings durchaus ein Thema mitreflektiert, das das nach Colomina durchaus mit The Century of the Bed assoziiert ist. Gillick und Harrison ließen sich auch insofern auf das Generalthema ein, als sie etwa mit einer Laterne aus einem populären österreichischen Möbelhaus die hehre Atmosphäre des White Cubes brechen.

Unter der Decke wird es privat

Der in Los Angeles lebende Kurator Philipp Kaiser hat hingegen über einen etwas anderen Umweg an die Thematik angeknüpft: Davon ausgehend, dass das, was im Bett passiert, üblicherweise privat ist, hat er drei Malerinnen versammelt, denen er eine eigene "privatistische Ikonografie" attestiert.

Wake Up Early, Fear Death titelt Kaisers Präsentation in der Galerie nächst St. Stephan in Anlehnung an ein Manifest, dass die in Los Angeles lebende Malerin Rebecca Morris 2004 niedergeschrieben hat. So zu malen, als hätte man das Medium seit den 1940er-Jahren weggesperrt, war dabei eines ihrer erklärten Ziele: In der Tat entziehen sich Morris' ornamentale Bilder, die an Patchworkdecken, aber auch an Pizzastücke erinnern, formal weitgehend einer Einordnung.

Über die Tatsache, dass man die Neupositionierung des Bettes in der Ausstellung eher vernachlässigt hat, trösten außerdem die Bilder von Laura Owens hinweg. Die ebenfalls in Los Angeles lebende Malerin vereint diverse Stile, popkulturelle Motive, aber auch Werbesujets, wobei sie im Falle ihrer Wiener Ausstellung etwa auch dem Werbeplakat einer bekannten, rosafarbenen Konditoreikette einen persönlichen Anstrich verliehen hat.

Für eine sehr subjektive, weniger architektonische oder soziologische Herangehensweise hat sich im Rahmen des Galerienprojekts außerdem die französische Kunsthistorikerin und Kuratorin Abigail Solomon-Godeau entschieden. Sleepless Nights titelt ihre Schau in der Galerie Winter, in der sie sich auf Arbeiten rund um das Thema Insomnia konzentrierte.

Dass Schlaflosigkeit diverse Manien befördern kann, verbildlichen dort unter anderem die Arbeiten von Anne Lindberg, die Kissen und Bettdecken mit Gedichten bestickt oder nicht enden wollende Linien auf Pergamentpapierbögen gekritzelt hat.

Während die Regisseurin Sally Potter ihren Geisteszustand nach einer durchwachten Nacht wiederum filmisch festhielt, tangiert die Installation Ses Nuits Blanches von Eric Vernhes die Betrachter auch ganz unmittelbar: Ein Pendel fungiert dabei als meditativer Taktgeber, über dem auf einer Art Screen filmische Kader mitschwingen. Die hypnotisierende Optik vermag den Betrachter in einen seltsam tranceartigen, desorienterten Zustand zu versetzen, der bekanntlich einen Teil von der anderen Seite des Schlafes ausmacht. (Christa Benzer, Album, DER STANDARD, 25./26.10.2014)