Eric Hobsbawm war jahrzehntelang im Visier des britischen Inlandsgeheimdienstes. 2008 war er mit der Ehrendoktor-Würde der Uni Wien geehrt worden.

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London - Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 hat Eric Hobsbawm und Christopher Hill, zwei der renommiertesten Historiker des Landes, über Jahrzehnte hinweg ausspioniert. Das geht aus nun veröffentlichten nachrichtendienstlichen Unterlagen hervor. Ins Visier der Agenten gerieten die beiden Wissenschafter bereits 1942 aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der Kommunistischen Partei.

Im Verlauf der folgenden Jahrzehnte sammelten Angehörige des MI5 und einer Spezialabteilung der Polizei hunderte Akteneinträge über die beiden Historiker, deren Telefone sie anzapften, Korrespondenzen durchstöberten und persönliche Kontakte überwachten. Die Dokumente, die am Freitag dem britischen Nationalarchiv übergeben wurden, offenbaren den enormen Aufwand, den die damaligen Staatsorgane bei ihrer Überwachung von tatsächlichen und mutmaßlichen Kommunisten betrieben. Hobsbawm, dem die Einsicht in seine Akten vor fünf Jahren verweigert worden war, starb 2012. Christopher Hill verstarb bereits 2009.

Schulzeit in Wien, Flucht aus Berlin

Hobsbawm wurde am 9. Juni 1917 in Alexandria, Ägypten, als Sohn eines jüdischen Ehepaars geboren. Seine Schulzeit verbrachte er im Wien der Zwischenkriegszeit. 1931 ging er nach Berlin, von wo er 1933 er vor den Nazis fliehen musste. Seitdem lebte in London. Als Autor wichtiger wissenschaftlicher Publikationen hat Hobsbawm Standardwerke geschaffen. Im Mittelpunkt seiner Bücher stehen Unterdrückte, Unterprivilegierte und Schwache - Arbeiter, Landarbeiter, Rebellen, Widerstandskämpfer - und deren Weg der Emanzipation.

Christopher Hill, der am 9. Februar 1912 in York zur Welt kam, war vor allem an der University of Oxford tätig. Als Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere gilt seine Tätigkeit als Master in den Jahren 1965 bis 1978 am zur University of Oxford gehörenden Balliol College. Hill beschäftigte sich vor allem mit der Geschichte des 17. Jahrhunderts in Großbritannien. (red, derStandard.at, 24.10.2014)